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Kommentar: Kurzschluss-Reaktion

20. September 2015

Völlig überraschend tritt Mönchengladbachs Trainer Lucien Favre zurück und räumt seinen Posten für jemanden, der erfolgreicher sein soll als er. Eine falsche Entscheidung zur Unzeit, findet Andreas Sten-Ziemons.

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Lucien Favre ruft und gestikuliert am Spielfeldrand (Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)
Bild: Getty Images

Wenn man Lucien Favre eines nicht vorwerfen kann, dann, dass er nicht konsequent wäre. Nach fünf Bundesliga-Niederlagen und der Auftaktpleite in der Champions League nimmt der eigenwillige Schweizer bei Tabellenschlusslicht Borussia Mönchengladbach seinen Hut und geht aus freien Stücken. Es sei jetzt an der Zeit und die beste Entscheidung für den Verein und die Mannschaft, eine Veränderung herbeizuführen, ließ Favre in einer Erklärung verlauten. Er habe nicht mehr das Gefühl, der perfekte Trainer für Borussia Mönchengladbach zu sein.

Erstaunlicherweise scheint Favre der einzige zu sein, der so denkt. Fragt man Fans der Borussia, bekommt man einhellig zu hören, welcher Glücksfall dieser Trainer für den Klub war und trotz verkorkstem Saisonstart immer noch ist. Vereinsführung und Mannschaft sehen das wohl ähnlich. Als Favre den Verantwortlichen in Mönchengladbach am Sonntagmorgen seinen Rücktritt anbot, haben diese das vehement abgelehnt. Daraufhin zog Favre die Konsequenzen und trat auch ohne das Placet seines Arbeitsgebers zurück.

Flucht in der ersten Krise

Ein reichlich übereilter Schritt. Es sind gerade einmal fünf von 34 Partien dieser Saison gespielt. Die Borussia hat wegen der englischen Woche schon in drei Tagen das nächste Bundesligaspiel, am Samstag schon wieder eines.

Zu Hause gegen den FC Augsburg und beim VfB Stuttgart wäre die Chance riesig gewesen, mit einem oder zwei Erfolgserlebnissen wieder in die Spur zu kommen. Chance vertan! Favre flüchtet - nach reiflicher Überlegung oder einem Gefühl folgend - als es zum ersten Mal in seiner Zeit als Gladbach-Trainer schwierig wird. 2011 hatte er das Team in einem, wie er selbst sagt "mausetoten" Zustand auf einem Abstiegsplatz übernommen und in der Relegation gerettet. Danach ging es stetig nach oben, am Ende der vergangenen Saison sogar in die Champions League.

Andreas Sten Ziemons (Foto: DW)
Andreas Sten Ziemons

Die Borussia befand sich, dem Schweizer sei Dank, in ihrer ersten Erfolgsära seit den 70er Jahren. Nun endet diese abrupt, ebenfalls dank des Schweizers. Der Kapitän geht als Erster vom in Seenot geratenen Schiff. Favre hinterlässt einen schockierten Verein, der nun sehen muss, wie er alleine klar kommt. Ein adäquater Nachfolger ist natürlich erst mal nicht in Sicht. Klub und Mannschaft wurde mit dem überraschenden Rücktritt regelrecht der Boden unter den Füßen weggezogen.