Kuba: ein Zufluchtsort für Terroristen
An Problemen herrscht in Kuba gerade kein Mangel. Das Land befindet sich in einer tiefen Wirtschaftskrise, Nahrungsmittel werden immer knapper. Am 24. Februar könnte die unzufriedene Bevölkerung per Referendum die geplante Verfassungsreform stoppen. Und nun zu allem Überfluss entsteht noch ein neuer Konfliktherd mit der Regierung Kolumbiens.
Nach dem Terroranschlag vom vergangenen Donnerstag, bei dem im kolumbianischen Bogotá mehr als 20 Menschen getötet und 68 verletzt wurden, besteht Präsident Iván Duque darauf, das Havanna zehn führende Mitglieder der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) ausliefert, die sich als Verhandlungsdelegation in Kuba aufhalten. Der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez hat auf dieses Ansinnen mit sturer Formelhaftigkeit regierte und damit mehr Fragen als Antworten aufgeworfen.
Lange Tradition
Seine Regierung werde die unterzeichneten Protokolle über den Friedensdialog in Kolumbien strikt einhalten, einschließlich der Regelungen für den Fall eines Abbruchs der Verhandlungen, erklärte der Außenminister via Twitter. Doch Präzedenzfälle aus den vergangenen sechs Jahrzehnten deuten darauf hin, dass Kuba um jeden Preis die Auslieferung der kolumbianischen Guerillas vermeiden wird. Und es spricht nichts dafür, dass Havanna im aktuellen Fall mit seiner langen Geschichte der Protektion von Verbrechern und Kriminellen bricht.
Über Jahrzehnte haben ehemalige Angehörige der baskischen Terrororganisation ETA, die an Morden und anderen Straftaten in Spanien beteiligt waren, Unterschlupf in Kuba gefunden. Die kubanische Hauptstadt ist auch die Heimat von Joanne Chesimard, auch bekannt als Assata Shakur, die nach einem Polizistenmord vom US-amerikanischen FBI auf die Liste der meistgesuchten Verbrecher gesetzt wurde. Und der berühmte Dieb Robert Vesco fand ebenfalls Zuflucht unter dem Rock der kubanischen Revolution, nachdem er mit Kreditgeschäften mehr als 200 Millionen Dollar ergaunert hatte.
Diese "Solidarität" mit Kriminellen und Terroristen fußt auf zwei wichtigen Prinzipien. Das eine davon entstand in den ersten Jahren, nachdem Fidel Castro an die Macht gekommen war: Kuba unterstützt und ist solidarisch mit jeder Bewegung oder Person, die antikapitalistische, kommunistische oder subversive Vorstellungen von der etablierten Ordnung in ihrem jeweiligen Herkunftsland teilt. Das zweite Prinzip folgt der einfachen Maxime, dass ein Feind von Feinden Kubas immer ein Freund des kubanischen Regimes ist.
Diesen beiden Prinzipien folgend, haben die kubanischen Behörden jeden Kriminellen aufgenommen, der entweder US-Institutionen, lateinamerikanischen Regierungen und Strafverfolgungsbehörden aus den Ländern, die Kuba wegen der Menschenrechtssituation am kritischsten gegenüberstehen, in irgendeiner Form Schaden zugefügt hat. Schutz für diese Personen ist ein Akt politischer Rache, eine Provokation für die internationale Justiz und eine Verhöhnung der Opfer.
Wie in der persischen Fabel
Es gäbe gute Gründe für die kubanische Regierung jetzt anders zu handeln. Havanna ist in der Region zunehmend politisch isoliert. Kuba wird beherrscht von einer politischen Klasse, die sich allein aus biologischen Gründen auf dem Rückzug befindet. Und die nicht in der Lage ist, ihre elf Millionen Bürger materiell zu versorgen. Havanna sollte daher auf Bogotás Forderung eingehen und deutlich machen, das die Zeiten der Komplizenschaft mit Kriminellen endgültig vorbei sind.
Zu glauben, dass dies passiert, dürfte indes ein Traum bleiben. So wie die Hoffnung, dass der Skorpion in der alten persischen Fabel aus reinem Selbsterhaltungstrieb eben nicht den Frosch sticht, der ihm gerade durch den Fluss trägt. Kuba mag in den Fluten der diplomatischen Isolation untergehen, aber es liegt offensichtlich im Wesen des Castro-Regimes, Terroristen zu beherbergen.