Kongo wählt - Kabila bleibt
Na endlich! Manche Kongolesen haben es schon fast nicht mehr für möglich gehalten. Nach über zwei Jahren andauernder Verschiebungen und gezielter Verschleppung finden die seit 2016 überfälligen Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo an diesem Sonntag tatsächlich statt.
Fast symbolisch begann der Wahltag in Kongos Hauptstadt Kinshasa mit apokalyptischen Regenschauern und einer Sintflut auf den Straßen. Manch ein eifriger Wähler musste sein Auto wegen der Untiefen in den von Schlaglöchern durchsiebten Straßen stehen lassen, um zu Fuß zu einem Wahllokal zu marschieren. Erst die Zahlen der Wahlbeteiligung werden später zeigen, wie repräsentativ diese Wahlen sind. In den vergangenen Wochen war unter den Kongolesen so viel Frustration und Resignation zu spüren, dass sich der Ansturm auf die Wahlbüros in Grenzen halten wird - die Regenzeit ist da nur ein Grund. Und dort, wo tatsächlich Wähler seit dem Morgengrauen Schlange stehen, fehlen oftmals die Wahlunterlagen. Auch hier vermuten viele gezielte Manipulationen.
Keine Wahl – dank Ebola und Terroristen
Doch gewählt wird nicht in ganz Kongo! In drei Regionen des Landes wurde der Wahltermin kurzfristig auf März verschoben: in den Regionen Beni und Butembo im Osten sowie Yumbi im Westen. Als Gründe hat die Wahlkommission zunehmende Unsicherheit durch Konflikte, Bedrohung durch "Terroristen" sowie das tödliche Ebola-Virus aufgeführt. Kein Zufall: Alle drei betroffenen Regionen sind Oppositions-Hochburgen. Über eine Million Wähler dürfen dort heute nicht abstimmen. Dennoch soll am 15. Januar das finale Wahlergebnis veröffentlicht werden. Kurz: Die eine Million Wähler in den drei Regionen werden schlichtweg ignoriert. Für sie überhaupt einen Nachwahltermin anzusetzen, wirkt wie blanker Hohn. Bürger in Beni halten aus Protest heute dennoch Wahlen ab, sie haben sie in wenigen Tagen selbst organisiert.
Dieser Wahlgang im zweitgrößten Land Afrikas mit rund 40 Millionen Wahlberechtigten muss mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachtet werden. In der gewaltsamen Geschichte ist es nun das erste Mal seit dem Sturz von Diktator Mobutu Sese Sekou 1997, dass das Land eine Chance auf eine friedvolle Machtübergabe hat - ohne Krieg. Kongos noch-Präsident Joseph Kabila, der seit 2001 regiert, darf laut Verfassung zu keiner dritten Amtszeit mehr antreten. Er lässt sich aber derzeit auf großen Postern in der Hauptstadt feiern als der "Vater der Demokratie" – so leicht ist das im Kongo, sich gegenüber seinen Vorgängern abzuheben.
Kaum Hoffnung auf Veränderung
Doch die Hoffnung auf mehr demokratische Spielregeln, mehr Friede, mehr Freiheit, mehr Entwicklung bleibt gering. Grund für die Verschleppung der Wahl war: Kabila musste zuvor gewisse Hebel umlegen, um auch in Zukunft Einfluss zu haben. Er hat die Armeeführung neu mit ihm loyalen Generälen besetzt. Er hat Gesetze erlassen, die ihm auch über seinen Abgang hinweg finanzielle und politische Immunität garantieren. Er hat eine ihm treu ergebene Wahlkommission eingesetzt, die voraussichtlich seinen Wunschnachfolger an die Macht hebeln wird: Emmanuel Shadary.
Laut den letzten Umfragen liegt zwar Martin Fayulu vorne, der gemeinsame Kandidat der Oppositionskoalition LAMUKA; gefolgt von Felix Tshisekedi, dem Sohn der verstorbene Oppositionsikone Etienne Tshisekedi und Chef des landesweit größten Oppositionspartei UDPS. Kabilas Kronprinz hingegen, der wenig charismatische Shadary von der Regierungspartei PPRD, liegt laut Umfragen gerade einmal auf dem dritten Platz. Dennoch sind die meisten Kongolesen überzeugt: Er wird durch gezielte Wahlmanipulation gewinnen. Das Volk hat so wenig Vertrauen in diesen Wahlprozess, dass es fast nicht tragisch gewesen wäre, hätte die Wahl gar nicht stattgefunden.
Kabilas letzte Spielzüge haben nämlich eines deutlich gemacht: Er bleibt im Hintergrund an der Macht. Die Winkelzüge erinnern an Russland 2007, als Präsident Wladimir Putin sein Amt für seinen loyalen Freund Dmitri Medwedew freimachte. Fünf Jahre zog Putin stattdessen als Premierminister aus dem Hintergrund die Fäden, bis er 2012 wieder als Präsident Antrat. Auch der 47-jährige Kabila ließ in seinen letzten Interviews verlauten, er werde weiter politisch Einfluss ausüben. Das muss er auch: Denn dieses riesige, schier unregierbare Land, wird vor allem in Zeiten der Unsicherheit durch seine Armeestrukturen zusammen gehalten - und das Militär ist allein Kabila hörig. Jetzt braucht es nur noch genug Konflikte landesweit, bei denen die Armee eingreifen muss, damit Kabila weiter die Fäden ziehen kann.