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Politik

Klimaschutz: Die Weltenretter

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Felix Steiner
20. September 2019

Deutschland ist nur für etwas mehr als zwei Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich. Und eine schnelle Reduktion wäre doch so einfach, meint Felix Steiner in seiner Polemik.

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Karikatur Klimakabinett englisch

Welch eine Inszenierung: Ein 19-stündiges Ringen, begleitet von Demonstranten vor dem Kanzleramt in Berlin und 500 weiteren Städten in ganz Deutschland. Aber es geht ja um nicht weniger als die Rettung der Welt.

Wenige Tage vor dem Klimagipfel bei den Vereinten Nationen sind heute auf dem gesamten Globus Demonstranten unterwegs. Aber nirgendwo wird das Thema mit solcher Inbrunst zelebriert wie hier. Die Deutschen sind wieder einmal in ihrem Element: Wir wissen, was edel, hilfreich und gut ist. Und wir müssen Vorbild sein für den Rest der Welt, damit die uns möglichst bald nachfolgen. "Am deutschen Wesen mag die Welt genesen", wurde schon gereimt, als Deutschland noch einen Kaiser hatte.

Gigantische Umverteilung

In der Tat hat die Bundesregierung Bemerkenswertes geleistet: Gigantische 54 Milliarden Euro werden in den kommenden vier Jahren umverteilt. Da mag es gewiss einige Profiteure geben. Aber für die Masse der normalen Bürgerinnen und Bürger bedeutet das nichts anderes als eine heftige Steuererhöhung. Denn die meisten werden weiterhin mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen und wollen im Winter nicht frieren. Insofern dürfte der Bundesfinanzminister heute ein sehr glücklicher Mann sein: Wer könnte sich daran erinnern, dass ein Volk in der Vergangenheit schon einmal so massiv um Steuererhöhungen gebettelt hätte?

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DW-Redakteur Felix Steiner

Dass vor allem junge Leute zu den Demonstranten zählen, wundert mit Blick auf diese riesigen Summen schon. Denn wenn es um Schulen und Universitäten ging, war in den vergangenen Jahrzehnten nie ausreichend Geld da - egal, wie die Konjunktur gerade lief. Jetzt hat man endlich einmal ein Zehntel der Summe für die Weltenrettung, fünf Milliarden Euro, bereitgestellt, um die Schulen mit zeitgemäßen Computern auszustatten. Und das in einem Land, das keine Rohstoffe außer die Fähigkeiten seiner Einwohner hat! Die jungen Leute hingegen stört dieses Missverhältnis überhaupt nicht. Denn ohne Klimaschutz hätten sie ja ohnehin keine Zukunft, sind sie sich ausweislich ihrer Transparente sicher.

Welch ein Unfug! Die Welt wird nicht im Jahr 2030 untergehen und auch nicht in den Dekaden danach  - ganz gleich, wie sich die Temperaturkurven entwickeln. Das täglich apokalyptische Gerede von Krise, Katastrophe, Kipp- und Wendepunkten scheint inzwischen vielen die Sinne vernebelt zu haben. Dass dies irgendwann auch einmal kontraproduktiv werden könnte, musste dieser Tage erst die Klimaschutzbewegung in den USA erfahren: Der Schriftsteller Jonathan Franzen räsonierte im renommierten New Yorker über die Frage, was nun daraus folge, dass doch ohnehin nichts mehr zu retten sei?

Deutschland technologisch an der Weltspitze halten

54 Milliarden Euro - was hätte man damit nicht alles machen können? Zum Beispiel die Kernfusionsforschung vorantreiben. Oder Brennstoffzellen-Autos entwickeln. Sich überhaupt um jede Form von Fortschritt und Innovation kümmern, die nicht auf den Raubbau von Ressourcen angewiesen ist. Und damit Deutschland technologisch an der Weltspitze halten, um den erreichten Wohlstand auch in Zukunft zu sichern.

Das dauert alles zu lange? Die Klimaziele 2025 und 2030 sind allein so nicht zu erreichen? Mag sein. Aber das wäre ja andererseits ganz einfach zu schaffen: Man müsste nur die existierenden Kernkraftwerke wieder in Betrieb nehmen und dafür die übelsten, mit Braunkohle befeuerten CO2-Schleudern abschalten. Denn dem mit messianischer Gewissheit und Betonung des Vorbildcharakters im Jahr 2011 beschlossenen Atom-Ausstieg wollte seither ohnehin kein anderer Staat folgen.

Am Wochenende werde ich nirgendwo demonstrieren, sondern mich auf den nahenden Winter in Deutschland vorbereiten und Holz hacken. Das ist deswegen eine so befriedigende Aufgabe, weil man bei aller Anstrengung sofort ein Ergebnis sieht. Und es garantiert wirkt: Wenn es draußen kalt ist, wird meine Stube schön warm.

Zu diesem Kommentar gibt es eine gegensätzliche Position. Die finden Sie hier.