1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Klare Signale an Russland

Bernd Riegert21. März 2014

Die Europäische Union hat die Ukraine mit den Unterschriften unter das Assoziierungsabkommen fest an sich gebunden. Damit ist die neue Spaltung in Europa besiegelt. Die EU hatte keine andere Wahl, meint Bernd Riegert.

https://p.dw.com/p/1BTmL
Deutsche Welle Bernd Riegert

Für diese Unterschriften sind Menschen gestorben. Auf dem Maidan, dem Schauplatz der Demonstrationen, die die Wende in der Ukraine erzwungen haben. Weil der ukrainische Präsident Janukowitsch sich auf die russische Seite schlug und den Weg der Ukraine in die EU vor vier Monaten verstellte, musste er gehen.

In Brüssel wurden die Unterschriften unter das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine jetzt nachgeholt. Ein historischer Tag. Die Ukraine gehört jetzt zu Europa. Der schnelle Schulterschluss mit dem bedrängten Staat ist die Antwort der EU auf die Annexion der Krim-Halbinsel durch Russland. Die EU verspricht der Ukraine Hilfe und übernimmt auch eine hohe Verantwortung für den wirtschaftlichen Aufbau.

Diese Hoffnungen der Menschen darf Europa nicht enttäuschen. Die zugesagte Wirtschaftshilfe muss jetzt schnell fließen, EU und Internationaler Währungsfonds sollten über ihren eigenen Schatten springen. Die Zoll-Vergünstigungen für die Ukraine können nur ein erster Schritt sein.

Der neue Eiserne Vorhang

Der Gipfel der EU in Brüssel markiert eine deutliche Wende. 25 Jahre nach dem Fall der Mauer senkt sich erneut ein imaginärer Eiserner Vorhang über Europa. Diesmal verläuft er mitten durch die Ukraine. Russland hat die Krim annektiert. Die EU und die USA haben erkannt, dass sie diesen Fakt auf absehbare Zeit nicht mehr werden ändern können.

Russland wird für seine imperiale Politik international isoliert. Die verhängten Sanktionen wirken wie kleine Nadelstiche. Über die wird man in Moskau vielleicht noch schmunzeln, langfristig aber könnte Wladimir Putin seinem Land mit seinem Machthunger schaden. Investoren aus dem Westen werden Russland meiden. Die Ratingagenturen haben das Land schon im Visier. Der Rubel fällt genauso wie die Aktienkurse.

Die russische Bevölkerung scheint nach Einschätzung der EU bereit, lange Leiden auf sich zu nehmen. Man wird also einen noch längeren Atem brauchen, um irgendwann eine Änderung der russischen Politik zu erreichen. Man sollte den Herrn im Kreml daran erinnern, dass die von ihm glorifizierte Sowjetunion aus wirtschaftlichen Gründen zugrunde gegangen ist.

Die Europäische Union handelt mit den abgestuften Sanktionen zurückhaltend. Echte Wirtschaftssanktionen, die vermutlich beiden Seiten schaden würden, soll es erst geben, wenn Russland in die östliche Ukraine vordringt. So bleibt nur die Hoffnung, dass Wladimir Putin jetzt zu einer Politik der Koexistenz übergeht und aggressive Akte unterlässt. Es gibt ein erstes Anzeichen, dass es tatsächlich so kommen könnte: Russland hat zunächst auf unmittelbare Gegensanktionen verzichtet und deutet an, einer OSZE-Beobachtermission nun doch noch zustimmen zu wollen. Sind das die ersten Anzeichen von Einsicht?

Europa ungewöhnlich geschlossen

Die Europäer traten in Brüssel geschlossen auf, auch wenn es natürlich unterschiedliche Interessen bei Polen und Franzosen, bei Griechen und Finnen gibt. Eine echte Bewährungsprobe für die notwendige Geschlossenheit kommt erst, wenn Wirtschaftssanktionen verhängt werden müssten. Das weiß natürlich auch Wladimir Putin. Er könnte versucht sein, die Geschlossenheit des Westens zu testen.

Bislang hat die äußere Bedrohung die EU zusammengeschweißt. Plötzlich gelingen auch Einigungen auf anderen Feldern, die vor der Krim-Krise und der Herausforderung durch Russland noch schwer möglich schienen. Unter dem Druck von außen finden sich Kompromisse zur Bankenunion oder zur Zinsbesteuerung plötzlich leichter. Nun wird es wohl auch endlich möglich sein, eine einheitlichere europäische Energiepolitik zu konzipieren, um sich von russischen Lieferungen langfristig unabhängiger zu machen.

Der Gipfel von Brüssel markiert eine Wende, weil die strategische Partnerschaft mit Russland, die die EU 15 Jahre lang angestrebt hat, jetzt aufgekündigt werden musste. Das überwunden geglaubte Block-Denken bestimmt die politische Debatte. Die Europäer müssen weiter fest zusammenstehen. Die Ukraine gehört jetzt endgültig ins westliche Lager - vorausgesetzt natürlich, die Wählerinnen und Wähler dort sehen das bei den Wahlen im Mai genauso.