Keine Idee. Nirgends
Machen wir doch einmal eine kleine Reise mit dem Finger auf der Landkarte. Die erste Station: Athen in Griechenland. Der Staat hat weder Geld noch eine funktionierende Regierung, und als künftiger Ministerpräsident gilt schon jetzt der alte Ministerpräsident. Das ist der, der keine funktionierende Regierung hat.
Etwas weiter südöstlich: Beirut in Libanon. Seit Wochen stapelt sich der Müll, eine Deponie ist geschlossen, die Menschen sind wütend und gehen auf die Straße. Sie haben den Gestank und die Korruption der Regierung und das ganze Elend satt.
Wer weiß das schon
Oder, noch ein wenig östlicher: Damaskus in Syrien. Seltsamerweise heißt hier der Machthaber immer noch Assad, obwohl er seit Jahren sein eigenes Volk ermordet und die Menschen in Scharen aus seinem Land treibt. Wie lange das so weitergehen soll? Wer weiß das schon?
Womit wir beim Thema unserer Tage sind: Aus den drei genannten und vielen anderen Ländern kommen Menschen zu uns. Sie sind oder nennen sich Flüchtlinge und hoffen auf Teilhabe - an unserem Wohlstand, an unserer Menschlichkeit. Viele von uns sind, glücklicherweise, dazu bereit. Andere sprechen aber auch - wie Jasper von Altenbockum in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" - von einem "Scherbenhaufen der Asylpolitik" und davon, dass die Kommunen mit den ganzen Schwierigkeiten alleingelassen werden.
"The march" - in der Wirklichkeit angekommen
Im Jahr 1990 hat die BBC ein bedrückendes TV-Drama produziert: "The march" ("Der Marsch"), basierend auf einem Roman von William Nicholson. Seine Hauptfigur ist Isa El-Mahdi, der den Marsch aus nordafrikanischen Flüchtlingscamps nach Europa organisiert und in dem Film sagt: "Wir glauben, wenn ihr uns vor Euch seht, werdet ihr uns nicht sterben lassen."
Das stimmt. Aber es löst kein Problem. Die Bundeskanzlerin sollte sich den Film einmal ansehen. Eine 25 Jahre alte Vision - und in diesen 25 Jahren ist kaum etwas passiert, um zu verhindern, dass aus der Fiktion Wirklichkeit wird.
Nun ist es soweit. Die Menschen kommen wirklich. Wir erleben ein internationales Versagen politischer Eliten. Dass südlich von Berlin Korruption und Vetternwirtschaft vor dem Eintreten für das Gemeinwesen kommen - geschenkt! Dass die Europäische Union seit Monaten in Kauf nimmt, dass Menschen aus Afrika im Mittelmeer sterben, nachdem sie Schleppern und Schleusern in die Hände gefallen sind - ein Versagen! Dass sich aber die Spitze der Bundespolitik eher Sorgen darum machen muss, wie ein Besuch im ehemaligen Praktiker-Baumarkt in Heidenau wahlweise auf die eigene politische Anhängerschaft oder auf das so genannte "Pack" wirkt - das ist Ausdruck eines Scheiterns.
Wo ist nochmal der Masterplan?
Denn: Wann gab es eigentlich das Gipfeltreffen der EU mit der Afrikanischen Union, wo ein gemeinsamer Masterplan in der Flüchtlingskrise besprochen wurde? So mit Nachtsitzung und allem Zipp und Zapp, wie wir das in Sachen Euro-Krise kennen. Wann hat die Kanzlerin zuletzt mit US-Präsident Barack Obama über die humanitäre Katastrophe in Syrien telefoniert? Und wie viele Sitzungen des Weltsicherheitsrates gab es nochmal in der Angelegenheit rapide steigender Flüchtlingszahlen?
Was es gibt: keine Idee. Nirgends. Und weil das so ist, werden Bürger in Deutschland den armen Menschen zunehmend helfen, die ihre Heimat verloren haben und vielleicht nie wiederfinden werden. Dagegen übrigens hilft die ganze Hilfsbereitschaft nur bedingt. Und wer weniger Geld hat hierzulande und selber sehen muss, wie er um die Runden kommt, der wird sich mit der Hilfsbereitschaft eher schwer tun.
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