Der Widerspruch steckt schon in den Namen der Kontrahenten: "Bundeskartellamt" gegen "Facebook". Das klingt nach Büroklammern gegen Laptop, nach Provinz gegen Silicon Valley, nach David gegen Goliath. Und doch hat die deutsche Behörde mit Sitz in der alten Bundeshauptstadt Bonn dem weltweit operierenden Unternehmen aus Menlo Park eine Niederlage zugefügt. Ob es allerdings eine entscheidende ist, darf bezweifelt werden.
Das Bundeskartellamt hat Facebook untersagt, außerhalb des Online-Netzwerks Daten seiner Nutzer zu sammeln - etwa über "Gefällt mir"-Buttons, die andere Webseiten anbieten, wenn die Nutzer dem nicht ausdrücklich zustimmen. Verboten wurde auch die ungefragte Zusammenführung von Daten von Instagram und WhatsApp mit denen aus Facebook - schließlich gehören alle Dienste zum Firmenimperium Mark Zuckerbergs. Der will dagegen alle drei Dienste noch enger zusammenführen, indem er die Messenger von Facebook, Instagram und WhatsApp zusammenlegt und damit einen noch größeren Datenpool schafft. Und das natürlich nicht, um uns Nutzern das Leben einfacher zu machen, sondern weil Daten die Geschäftsgrundlage seines Unternehmens mit 56 Milliarden Dollar Jahresumsatz sind.
Skandale über Skandale
Erinnern wir uns. Die Liste der Klagen gegen Facebook ist lang: vom Cambridge-Analytica-Datenskandal über die illegale Weitergabe sensibler Nutzerdaten an andere Unternehmen bis hin zur Installation von Spionage-Apps oder dem fortgesetzten Versuch, Kinder dazu zu verleiten, Geld für Online-Spiele auszugeben, die vordergründig gratis sind. Datenschützer laufen seit Jahren gegen diese Praxis Sturm, ohne dass sie was dagegen ausrichten können. Und von Zuckerberg kommt ein kurzes "Sorry", mehr nicht.
Das Bundeskartellamt geht nun einen anderen Weg: Es geht um die dominante marktbeherrschende Stellung des Konzerns. Nach Erkenntnissen des Amtes hat Facebook in Deutschland einen Marktanteil von täglich 95 Prozent. Und die Konkurrenz wird immer schwächer: Google Plus etwa startete 2011 mit dem Ziel, dem Marktführer den Rang abzulaufen. Im April 2019 wird das Netzwerk wegen Erfolglosigkeit eingestellt. Nischenprodukte wie Mastodon wirken gegen Facebook wie eine Kerzenflamme gegen einen Flächenbrand. Die Analyse des Bundeskartellamtes ist glasklar: Es gibt kaum Alternativen. Und der Aufruf ebenfalls: Facebook soll sein Geschäftsmodell ändern.
Leider macht das Kartellamt dem Internet-Riesen hier keine klaren Vorgaben. Es wäre konsequenter gewesen, die Zusammenführung der Daten von Facebook, Whatsapp und Instagram komplett zu verbieten. Und es wäre auch mutiger gewesen, dem Konzern genauere Vorgaben zu machen, wie er denn sein Geschäftsmodell ändern soll.
Ein stumpfes Schwert
Der Grund, warum die Wettbewerbshüter so zurückhaltend sind, ist ebenfalls klar: Ihre Macht ist begrenzt, ihr Schwert ist stumpf. Denn wenn Facebook - wie bei einem ähnlichen Fall in Frankreich - den Klageweg beschreitet, ist absehbar, dass das jahrelang durch die Instanzen geht. Und weil Facebook seinen europäischen Sitz in Dublin hat, dürfte es bis zum Europäischen Gerichtshof gehen.
Und nachprüfbar sind die Vorgaben des Kartellamts auch nicht: Denn es kann zwar auf vielen Wegen prüfen, ob Konzern A und Konzern B unlauter zusammenarbeiten. Die Frage aber, ob die Server von WhatsApp und Facebook miteinander verschaltet sind, bleibt für die Bonner Behörde eher unbeantwortet.
So ist das im Grunde positive Votum des Kartellamts mit einem schalen Nachgeschmack verbunden. Nämlich dem, dass die deutsche Behörde dem globalen Giganten ein wenig ärgern kann, dass sich aber für die Nutzer wahrscheinlich wenig ändert.