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Kommentar: Schwierige Rückkehr zur Normalität

Rolf Wenkel30. Januar 2014

Die Schwellenländer stöhnen über einen massiven Verfall ihrer Währungen. Schuld daran sei die Politik der US-Notenbank, sagen sie. Das ist richtig, aber nur die halbe Wahrheit, meint Rolf Wenkel.

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Porträt - Rolf Wenkel
Bild: DW

Das war sie also, die letzte Amtshandlung des US-Notenbankchefs Ben Bernanke, bevor seine Nachfolgerin Janet Yellen die Geschäfte übernimmt: Trotz der Währungsturbulenzen in großen Schwellenländern hat die US-Notenbank Fed den Geldhahn etwas gedrosselt, die monatliche Dosis der Geldspritzen um weitere zehn auf jetzt noch 65 Milliarden Dollar verringert. Der Aufschwung in den USA und bessere Perspektiven am Arbeitsmarkt böten diesen Spielraum, hieß es - doch trotz der jüngsten Turbulenzen erwähnte die Fed die Nöte der Schwellenländer mit keinem Wort.

Und diese Nöte waren und sind erheblich. Sie waren es bereits, als die westlichen Zentralbanken zur Krisenbekämpfung die Zinsen auf Null oder nahe Null senkten. Das hatte seinerzeit zu einer massiven Umschichtung von Anlagekapital aus den Industrieländern in die Schwellenländer geführt. Sie galten plötzlich als die Hoffnungsträger der Weltwirtschaft, glänzten mit hohen Wachstumsraten und boten vergleichsweise hohe Zinsen und Renditen.

Auf die Dosis kommt es an

Jeder Wirtschaftsminister freut sich zunächst, wenn sein Land für so attraktiv gehalten wird, dass es ausländisches Kapital anlockt: Das verspricht Investitionen, Wachstum und Arbeitsplätze, goldene Zeiten also. Aber es ist wie in der Medizin: Es kommt immer auf die Dosis an. Und diese Geldschwemme war eindeutig zu groß für die Schwellenländer. Ihre Währungen gerieten unter massiven Aufwertungsdruck, was ihre Exporte verteuerte, die Leistungsbilanz verschlechterte und die Inflation schürte - kurzum: Die neuen Kapitalströme brachten die Märkte der aufstrebenden Länder so durcheinander, dass zum Beispiel der brasilianische Finanzminister von einem Währungskrieg sprach und ernsthaft über Kapitalverkehrskontrollen nachdachte.

Dabei waren es keineswegs böse Spekulanten, die damals die Kapitalflucht aus den Industrieländern einleiteten, sondern Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und andere institutionelle Anleger, die ständig auf der Suche nach Rendite sind - und es war ein Ben Bernanke, der mit seinem monatlichen Programm zum Kauf von Staatsanleihen über die Jahre die unvorstellbare Summe von vier Billionen Dollar, das sind 4000 Milliarden, in die Märkte gepumpt und damit die gigantischen Kapitalströme in die jungen, aufstrebenden Volkswirtschaften befeuert hat.

Rückzug mit Ansage

Nun drosselt die Fed also den Geldfluss, und das Kapital flieht aus den Schwellenländern zurück in die Industrieländer. Und nun klagen die aufstrebenden Länder über einen massiven Verfall ihrer Währungen, nun klagen sie darüber, dass ihnen mit dem Kapital auch die Grundlage für Wachstum entzogen würde. Dabei handelt es sich, streng genommen, nur um die Rückkehr zur Normalität. Eine Notenbank wie die Fed kann nicht die Zinsen ad infinitum bei Null lassen und weiter Geld drucken, wenn sich die Wirtschaft bereits wieder auf einem robusten Pfad der Erholung befindet. Diesen Fehler hat sie schon einmal gemacht, Anfang des neuen Jahrtausends, und das hat bekanntlich über die heimische Immobilienkrise zur Subprime-Krise und zum globalen Beinahe-Kollaps geführt.

Im Grunde hat die Fed ihren Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik seit fast einem Jahr angekündigt. Und auch schon in den Zeiten davor hätte man sich auf einen Wetterwechsel vorbereiten, die Wirtschaft durch Strukturreformen resistenter gegen externe Einflüsse machen können. China, Polen, Mexiko und den Philippinen scheint das gelungen zu sein, ihre Inflationsraten sind trotz des billigen Geldes moderat geblieben und die Leistungsbilanz relativ ausgeglichen. Anders in Argentinien, Brasilien, Südafrika, Indien, Indonesien und der Türkei. Diese Länder haben es - aus ganz unterschiedlichen Gründen - offenbar versäumt, ihre Wirtschaft rechtzeitig wetterfest zu machen, und das rächt sich nun.

Immerhin bleibt ein Trost: Wenn sich der Pulverdampf der Währungsturbulenzen verzogen hat, werden die Schwellenländer schnell realisieren, dass eine niedrig bewertete Währung und eine wirtschaftliche Erholung in den USA auch ihre Vorteile hat: für die heimische Exportindustrie, für die Leistungsbilanz, für die Geldwertstabilität. Auch das wird helfen, wieder zur Normalität zurückzukehren.