Harte Linie gegen Russland
19. Dezember 2014Der Pole Donald Tusk ist neuer Präsident des Europäischen Rates - und als solcher Herr des Verfahrens bei den Brüsseler Gipfeltreffen. Und weil neue Besen besser kehren müssen, macht er hier gleich kurzen Prozess: Schon nach einem Abend schickt er die versammelten Regierungschefs ab in die Weihnachtspause. Dabei nehmen sie eines der für Europa gefährlichsten politischen Probleme ungelöst wieder mit nach Hause.
Aber mehr als eine Feststellung der Grundsätze, nach denen man gegenüber Russland weiter vorgehen will, war während eines Abendessens nicht zu leisten. Und eher am Rande zeigt sich, wie differenziert hier die Haltungen der Beteiligten sind, bei aller betonten Gemeinsamkeit.
So lässt die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite eine gewisse Schadenfreude erkennen, als sie davon spricht, dass die Sanktionen gegen Russland jetzt Wirkung zeigen. Ihr als Bürgerin eines baltischen Staates kann man das Gefühl kaum verdenken - aber politisch klug ist es nicht. Denn solche Sprüche von EU-Politikerinnen und -Politikern bestärken Präsident Putin nur in der Dolchstoßlegende, die er über die Ursachen der russischen Wirtschaftskrise verbreitet.
Die europäische Außenbeauftragte Federica Mogherini ist da diplomatischer als Grybauskaite: Der Absturz der russischen Wirtschaft sei keine gute Neuigkeit, nicht für Europa, nicht für den Rest der Welt und nicht für die russischen Bürger. Nun weiß man, dass die Italienerin zu Anfang Gegnerin der Sanktionen war, und sich dadurch den Zorn von Angela Merkel zuzog. Aber mit dieser Einschätzung hat Mogherini recht.
Angela Merkel bleibt unnachgiebig
Die Bundeskanzlerin jedoch zeigt sich ungerührt von den Entwicklungen der vergangenen Tage und vertritt eine unverändert harte Linie gegenüber Putin. Nach Wochen der Vermittlungsversuche, die der russische Präsident abblitzen ließ, will sie ihn jetzt nur noch an greifbaren Ergebnissen messen. Beim Minsker Abkommen habe man bislang nicht mehr erreicht als Punkt 1, nämlich eine Waffenruhe. Es müsse aber mehr geleistet werden, damit es auch nur ein Treffen der Kontaktgruppe geben könne und die Partner zurückkehren könnten an den Verhandlungstisch. Merkel macht klar, dass es mit ihr keine Vorleistungen gegenüber Moskau gibt. Sanktionen könnten nur aufgehoben werden, sobald man voran gekommen sei, etwa bei der territorialen Integrität der Ukraine. Und wenig beeindruckt von wirtschaftlichen Horrormeldungen aus Moskau fasst die Kanzlerin das kommende Frühjahr ins Auge - dann steht eine Verlängerung der Sanktionen an.
Es geht um die Grundsätze der EU
Damit zeigt sich Merkel kompromisslos und prinzipientreu. Ihre Botschaft: Die Europäer sind sich einig, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker geschützt werden muss und man keine Rückkehr zu einer Politik der Einflusssphären will.
Die Frage ist nur, wie man angesichts dessen mit Putin wieder politisch ins Geschäft kommen will. Denn die Sanktionen haben gewisse wirtschaftliche Folgen, wenn sie auch nicht ursächlich sind für die jetzige Krise. Sie haben aber bisher die Politik Moskaus auch nicht verändert. Und die Situation ist verfahren: Macht man Putin Zugeständnisse, könnte das die Lage in der Ostukraine zementieren. Macht man keine, könnten bei ihm Sturheit und nationale Großmannssucht über die Vernunft siegen und er sein Land immer weiter in den Abgrund rutschen lassen.
Ein russischer Staatsbankrott hätte drastische Folgen für die EU und würde immensen Schaden anrichten. Trotzdem sollen die gemeinsamen Prinzipien, die Angela Merkel erneut beschworen hat, weiter gelten. Die Situation ist wie beim Mikado: Wer zuerst zuckt, hat verloren.