Kann bitte irgendjemand den amerikanischen Präsidenten ablenken? Vielleicht mit einem glänzenden Objekt? Wahlweise mit einem lustigen Youtube-Video oder einem weiteren Pseudo-Wahlkampfauftritt in der US-Provinz. Denn wenn sich Donald Trump mit außenpolitischen Themen beschäftigt, Nordkorea oder Iran zum Beispiel, dann ergreift seine Partner das blanke Grauen. Vor allem in Europa.
Nach Jahren der Vorbereitung rangen die Verhandlungspartner noch weitere 20 Monate um das Atomabkommen mit dem Iran. Die Europäische Union saß mit am Tisch und schrieb sich den Erfolg ganz dick mit auf die blaue EU-Fahne. Schließlich kam hier genau das zum Tragen, womit die Europäer am liebsten Krisen lösen: klassische Diplomatie. Seither hat die internationale Atom-Energie-Organisation acht Mal nachgeschaut, ob die Iraner die Auflagen auch wirklich erfüllen. Die Antwort war immer "Ja"! So überzeugend waren die Ergebnisse, dass die deutsche Kanzlerin selbst vorschlug, das Abkommen als Blaupause für das weitere Vorgehen in Sachen Nordkorea zu verwenden.
Direkte Konfrontation mit Europa
Nun kommt Donald Trump und droht den wohl größten Erfolg internationaler Diplomatie der vergangenen Jahre zu zerstören. Wofür? Für ein hirnrissiges Wahlversprechen. Auch erwähnt er Nordkorea und Iran im gleichen Atemzug und tönt, man müsse beide gleich hart behandeln. Diese Länder in den selben Topf zu werfen, würde den Europäern nicht passieren. Sie wissen, welch verheerende Auswirkungen die Kündigung des Iran-Deals unmittelbar vor ihrer Haustür hätte: die Destabilisierung des Nahen Ostens, eine Abwendung des Landes Richtung Osten zu China und Russland, eine Stärkung der radikalen anti-westlichen Kräfte und so weiter.
Was also kann die Europäische Union tun? Sie wird wohl - und das hat die EU-Chefdiplomatin Mogherini bereits angekündigt - an dem Abkommen festhalten. Ob die USA nun aussteigen oder nicht. In der Praxis könnte das bedeuten, dass die Amerikaner wieder Sanktionen verhängen, die Europäer aber nicht. Damit wären sie auf direktem Konfrontationskurs. Wie der US-Präsident auf so etwas reagiert ist bekannt. Gleichzeitig verlöre der Westen als moralische und politische Einheit jede Glaubwürdigkeit und würde nachhaltig geschwächt. Wenn USA und EU nicht mehr geschlossen vorgehen können, nimmt sie auch keiner mehr ernst.
Der EU wird also nichts anderes übrig bleiben, als weiter jeden verbliebenen Einfluss auf die Regierung Trump zu nutzen. Die Europäer müssen versuchen, die Amerikaner in dem Abkommen zu halten. Der Erfolg der vergangenen Jahre müsste eigentlich für sich sprechen, aber Fakten zählen bekanntlich nicht mehr im Weißen Haus. Beim Klimaabkommen haben Merkel und Co. schon einmal versucht Trump wieder auf den Pfad der Vernunft zu bringen. Ohne Erfolg. Aber hier geht es um einen möglichen neuen kalten oder gar heißen Krieg und eine ohnehin hoch-volatile Region. Die Situation könnte sehr schnell eskalieren.
Diplomatie: schwierig aber erfolgreich
Was Nordkorea angeht, so sind die Aussichten noch düsterer als für den Iran. Hier ist der Einfluss der Europäer sehr überschaubar. Beim atomaren Geprotze Donald Trumps und Kim Jong Uns kann und will die EU nicht mithalten. Ihre Forderung, auch hier ausschließlich auf politische und diplomatische Mittel zu setzen, wirkt fast, als würden die Europäer das Problem mit Wattebäuschchen bewerfen. Dennoch ist es der richtige und für die EU einzig gangbare Weg. Auch hier zeigt sich wieder, wie groß die Kluft zwischen Europa und Amerika in heiklen außenpolitischen Fragen geworden ist
Aber: Donald Trump wird sich etwas von den Europäern abschauen MÜSSEN, wenn er tatsächlich den Weltfrieden erhalten möchte, so wie vor der UN-Generalversammlung verkündet. Seine Drohungen, sowohl was den Iran als auch Nordkorea angeht, haben das Potenzial die Welt in den Abgrund zu führen. Der europäische - diplomatische - Ansatz mag manchmal etwas schwachbrüstig erscheinen, aber er ist der einzige, der in den vergangenen Jahren wirklich funktioniert hat. Die Amerikaner haben es oft genug militärisch versucht, in Libyen, im Irak und in Afghanistan - mit teils desaströsen Ergebnissen. Deshalb klingt Trumps Säbelrasseln, verbunden mit der Forderung nach einer Neuverhandlung des Iran-Abkommens für europäische Ohren bedrohlich und hohl zugleich. Einen blinden Militärschlag trauen dem US-Präsidenten alle zu. Für ausgewogene und komplexe Verhandlungen fehlen dem wütenden Mann im Weißen Haus die Geduld, die Experten und die Kompetenz. All das hat Europa.
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