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Kommentar: FC Bayern - Hoffen auf Kahn

Tobias Oelmaier
28. Dezember 2019

Der FC Bayern München hinkt in der Bundesliga etwas hinterher. Der lange ersehnte Umbruch ist noch längst nicht vollzogen beim deutschen Branchenprimus, kommentiert Tobias Oelmaier. Die Hoffnung ruht auf einem Ex-Star.

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Fußball: Bundesliga, FC Bayern München - Werder Bremen
Bild: picture-alliance/dpa/M. Balk

Vier Niederlagen, 33 Punkte, Platz 3 - man muss schon einige Jahre zurückblättern in der Bundesliga-Statistik, um eine so schwache Hinrunde des FC Bayern zu finden. Trainer Niko Kovac, obwohl nur an zwei der Pleiten beteiligt, durfte nach dem 1:5 in Frankfurt - der höchsten Meisterschafts-Klatsche der Münchener seit zehn Jahren, die Koffer packen, und mit ihm sein Bruder und Co-Trainer Robert. Niko Kovac galt als ein Hoeneß-Mann. Uli Hoeneß soll seinen Favoriten trotz erheblicher Bedenken von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge durchgedrückt haben. Kovac hatte einst mit den Bayern den Weltpokal und das Double geholt, war als Trainer bei Eintracht Frankfurt Pokalsieger und vor allem: Er war vor anderthalb Jahren verfügbar. Im Gegensatz zu den großen Namen, mit denen sich der Rekordmeister zuletzt gerne geschmückt hatte. Nur, dass er bei den Bayern einfach nicht funktionierte.

Als Symbolfigur für den lange herbeigesehnten Umbruch hatte Kovac eh nie getaugt. Keine erkennbare eigene Spielidee - oder wie man heute gerne sagt: Philosophie. Kein Zugang zu den Profis, die offenbar nur mit der Nestwärme eines Jupp Heynckes oder der Autorität einer Pep Guardiola zu kriegen sind. Von einem, der nie Weltmeister war, lässt sich ein Mia-san-Mia-indoktrinierter Topstar nicht so gerne den Innenristpass erklären. So darf sich jetzt Hansi Flick auf der Trainerbank und an der Taktiktafel versuchen. Er ist immerhin Weltmeister-Co-Trainer und war als Assistent zu Saisonbeginn den Kovac-Brüdern zur Seite gestellt worden - jetzt genießt er das Vertrauen der Bosse zumindest bis zum Saisonende.

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DW-Redakteur Tobias Oelmaier

Kaum noch Triple-Gewinner

Aber ob er für den Umbruch steht? Den hatte man in der Euphorie nach dem 2013er Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions League nämlich lange verpasst. Das Team schien noch hungrig, feurig und jung genug, um über Jahre hinaus den deutschen Fußball zu prägen. Das tat es auch. Sieben Meisterschaften in Folge sprechen Bände. Aber international wurde die Lücke zu den Branchenbesten aus England und Spanien immer größer. Die Weltmeister von 2014 wie Philipp Lahm oder Bastian Schweinsteiger sind in Rente, Mats Hummels zurück in Dortmund, Jerome Boateng über den Zenit, und im Sommer haben auch Arjen Robben und Franck Ribery, mehr als ein Jahrzehnt die Unterschiedsspieler auf den Flügeln, den Klub aus Altersgründen verlassen (müssen). Einzig Manuel Neuer, David Alaba, Javi Martinez und Thomas Müller sind noch da von den Leistungsträgern vergangener Tage.

Doch adäquaten Ersatz hatten sie in München lange nicht geholt. Im Sommer 2018 blieb die Geldschatulle sogar ganz zu, der zuvor von Real Madrid ausgeliehene James Rodriguez blieb meist blass, Coutinho, ebenfalls leihweise aus Barcelona verpflichtet, weiß auch noch nicht so recht zu gefallen. Ein paar nette Ansätze, mehr nicht. Stattdessen gewinnt Thomas Müller unter Flick wieder an Selbstvertrauen und Stärke. Ob der Urbayer über das Saisonende hinaus bleiben wird, steht dennoch in den Sternen. Müller möchte erst mal abwarten, wie sich die Lage entwickelt, nachdem er unter Kovac fast schon abgeschrieben war.

James und Coutinho zünden nicht

Immerhin wurde vor Beginn dieser Spielzeit mal wieder richtig geklotzt, statt gekleckert. Denn neben der Leihgebühr für Coutinho hat der Meister auch in weitere Spieler kräftig investiert. Benjamin Pavard hat sich als grundsolider, flexibel einsetzbarer Defensivspezialist etabliert, Lucas Hernandez dagegen konnte verletzungsbedingt seine Fähigkeiten noch nicht unter Beweis stellen. Ivan Perisic ist da, wenn man ihn braucht. Aber er dürfte bald wieder weg sein, sollte sich der Zugang von Nationalspieler Leroy Sané von Manchester City realisieren lassen. Ähnliches gilt in diesem Zusammenhang für Coutinho - aus personellen aber auch aus finanziellen Gründen. Zwei Transfers im dreistelligen Millionenbereich könnten sich wohl nicht einmal die wirtschaftlich gesunden Münchener leisten.

Sané könnte ein weiterer Mosaikstein der "neuen" Bayern sein. Joshua Kimmich, in die Führungsriege auf dem Platz aufgerückt, ist ein anderer. Wie auch Serge Gnabry oder der zurzeit verletzte Abwehrchef Niklas Süle. Ob sie auch auf europäischer Ebene, dann, wenn es um die ganz großen Titel geht, bestehen können, müssen sie allerdings erst noch beweisen. Vor allem, wo es aktuell ja "nicht mal" in der Bundesliga zur Spitze reicht.

Hoeneß' langer Arm

Interessant wird auch, wie es an der Vereinsspitze weitergeht. Mitte November war Uli Hoeneß nach 40 Jahren Funktionärstätigkeit (unterbrochen von seinem Gefängnisaufenthalt) als Präsident abgetreten. Viele sagen, es sei zu spät gewesen. Sein Nachfolger im Amt und auch als Vorsitzender des Aufsichtsrates ist Herbert Hainer, Ex-Boss des Sportartikelherstellers Adidas. Hainer ist nur wenig jünger als Hoeneß und gilt als dessen Intimus. Kaum vorstellbar, dass sich die beiden nicht regelmäßig über Vereinsbelange austauschen werden.

Ähnliches gilt auch für Hasan Salihamidzic. Bis Ende des Jahres wird der in der Hierarchie noch als Sportdirektor geführt, ab 1. Januar steigt er dann zum Sportvorstand auf. Auch Salihamidzic, der mit seinen hohlen Phrasen nach außen hin oft keine sehr glückliche Figur macht, soll ein Hoeneß-Zögling sein. Insofern dürfte sich zunächst gar nicht so viel ändern an der Säbener Straße in München. Zumal Karl-Heinz Rummenigge noch für zwei weitere Jahre den Vorstandsvorsitz der FC Bayern München AG behalten wird.

Hoffnung auf Kahn

Richtig spannend wird es erst, wenn sich Oliver Kahn freigeschwommen hat. Die Torwart-Ikone des Klubs bekommt zum neuen Jahr einen Posten im Vorstand und soll bis Ende 2021, wenn die Amtszeit von Rummenigge endet, behutsam an seine Aufgaben als dessen Nachfolger herangeführt werden. Dass man sich so viel Zeit lässt, hängt auch mit bestehenden Verpflichtungen Kahns zusammen. Dennoch soll sein Wort beim FCB schon jetzt Gewicht bekommen.

Wer Kahn noch aus seiner aktiven Zeit kennt oder später als Fernseh-Experte, der weiß: Er könnte den allmächtigen Uli Hoeneß tatsächlich ersetzen. Insofern ist es wahrscheinlich sogar gut für ihn, dass der Transformationsprozess nicht von jetzt auf gleich vollzogen wird. So muss er sich nicht vom ersten Moment an mit seinem übermächtigen Vorgänger als starkem Mann im Klub, mit Uli Hoeneß, vergleichen lassen.