Wohl kaum ein Sportteam ist so davon abhängig, wer gerade sein Coach ist, wie die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft. Denn in der Vergangenheit gab es durchaus Beispiele, dass die Deutschen die großen Nationen wie Kanada und Russland ärgern können - wenn sie den richtigen Mann an der Seite hatten.
Zum Beispiel bei der Heim-WM 2010. Damals verlor das Team unter Uwe Krupp nur knapp im Halbfinale gegen die russische Sbornaja. 2011 gewannen sie sogar 2:0 gegen die Russen. 1992, beim Olympiaturnier im französischen Albertville unter Trainer Ludek Bukac, musste Kanada im Viertelfinale gegen Deutschland in die Verlängerung und ins Penalty-Shootout. Kein deutscher Fan wird jemals vergessen, wie Peter Draisaitl abzog, die Scheibe gen Tor glitt und dann auf der Linie liegen blieb... Kanada gewann. Knapp. Sehr knapp.
Umgekehrt war es aber auch immer so, dass Deutschland sich auch in großem Maße blamieren kann - so wie bei der WM 2012 unter Kurzzeitcoach Jakob Kölliker, als Deutschland gerademal Zwölfter wurde. Die 4:12-Niederlage gegen Norwegen (!) gehört zu den Tiefpunkten der DEB-Geschichte. 2014 im russischen Sotschi war das Team nicht einmal mehr qualifiziert.
Der richtige Mann zur richtigen Zeit
Kurz darauf aber endete die Durststrecke. 2015 kam Marco Sturm als General Manager und Trainer zum DEB. Sofort ging es bergauf. Im gleichen Jahr gewann die Mannschaft den Deutschland-Cup. Plötzlich wollten wieder viele Spieler fürs Nationalteam auflaufen, die daran unter Sturms Vorgängern kein Interesse gezeigt hatten.
Wer heute Spieler über Marco Sturm reden hört, merkt, dass sie ihrem Coach blind vertrauen. Sturm ist offensichtlich der richtige Mann zur richtigen Zeit. Als Deutscher hat er einen direkten Draht zu den Spielern, es gibt keine Sprachbarriere. Der 39-Jährige hat außerdem noch frische Erinnerungen an seine eigene Karriere, die erst vor fünf Jahren endete. Mehr als 900 Spiele hat er in der nordamerikanischen Profiliga NHL absolviert, dreimal war er bei Olympia dabei. Auch das bringt ihm den Respekt seiner Spieler ein.
Selbstbewusstsein ist alles
Dass die Spieler an den Trainer glauben, ist gut. Um Hockeyspiele zu gewinnen, braucht es zwar mehr als Glauben, aber das Selbstbewusstsein ist ein wichtiger Teil auf dem Weg zum Erfolg. Das hat man im bisherigen Turnierverlauf und seinen knappen Entscheidungen gesehen.
Kein vernünftiger Mensch hätte den Sieg gegen Schweden vorhergesagt. Und doch gewannen die DEB-Cracks gegen den Olympia-Zweiten von Sotschi auf überzeugende Weise und zeigten dabei große Moral. Als Deutschland im letzten Drittel eine 3:1-Führung hergegeben hatte und in die Overtime musste, befürchteten die deutschen Fans schon das Schlimmste. Aber das Entscheidende war diesmal: Es trat nicht ein. Der Glaube half den Spielern weiter und Patrick Reimer knallte den Puck ins schwedische Tor.
Jetzt glaubt kein vernünftiger Mensch an einen Sieg gegen Kanada am Freitag. Aber - das war ja gegen Schweden genauso.
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