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Politik

Ein Wahlsieg ohne Fortschritt

Peter Philipp Kommentarbild APP PROVISORISCH
Peter Philipp
3. März 2020

Dreimal innerhalb eines Jahres hat Israel gewählt. Und auch dieses mal dürfte die Regierungsbildung nicht einfach werden. Netanjahu spricht von einem "Riesensieg", aber Peter Philipp sieht noch keine besseren Zeiten.

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Israel Wahlen Benjamin Netanjahu
Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Balilty

Bei den dritten Parlamentswahlen in Israel innerhalb eines Jahres hat sich offenbar der bisherige Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit seinem rechten Likud-Block durchgesetzt. Jedenfalls feierte er bereits Stunden nach Schließung der Wahllokale in seinem Tel-Aviver Hauptquartier überschwänglich "die Nacht des großen Sieges": Man habe entgegen allen Widrigkeiten gewonnen, "Zitronen zu Limonade gemacht" und "Israel zu einer Supermacht".

Zur Zeit dieser Rede war erst ein Teil der abgegeben Stimmen ausgezählt, aber es zeichnete sich trotzdem bereits ab, dass der Likud mit 37 Mandaten stärkste Partei und mit seinem Bündnis mehrerer rechten und religiösen Parteien höchstwahrscheinlich 59 der 120 Knesset-Mandate erringen würde. Dies wäre zwar sein bestes Ergebnis seit der Wahl von 2015, aber eben noch immer nicht die erforderliche Mehrheit von 61 Sitzen. Das Mitte-Links-Bündnis Blau-Weiss von Herausforderer Benny Gantz aber lag vier Mandate hinter dem Likud und es schien klar, dass der Auftrag der Regierungsbildung erneut an Netanjahu erteilt würde, obwohl er diesen Auftrag bei den ersten beiden Wahlen im letzten Jahr nicht hatte erfüllen können.

Schmutzige Tricks und Attacken - wie gehabt

Rein rechnerisch mag Bibi (so Netanjahus Spitzname bei Anhängern wie Gegnern) diese Aufgabe nun etwas leichter fallen, denn  unter den noch nicht ausgezählten Stimmen dürften sich ja weitere Stimmen für ihn befinden. Entgegen allen Erwartungen übertraf die Wahlbeteiligung mit 71% alle Wahlen seit 1999 und die Behörden gaben sich jede Mühe, keine Stimme zu vergeuden. So wurden sogar 16 Wahllokale für 4000 Bürger eingerichtet, die wegen des Verdachts auf Coronavirus unter 14-tägiger Quarantäne stehen: Sie wurden zu den Sonder-Wahllokalen gefahren, wo sie von medizinischem Personal empfangen wurden. Nach Schließung der Wahllokale gab es dann allerdings Probleme, weil sich zunächst niemand fand, der bereit war, diese Stimmzettel auszuzählen. 

Auch dies ein deutliches Zeichen, dass selbst in der Netanjahu-Regierung vor der Wahl keine Siegerstimmung herrschte. Und wie immer in solchen Fällen verfiel man auf diverse schmutzige Tricks, den politischen Gegner zu verleumden und vor den Wählern zu disqualifizieren. So wurde ein (inzwischen entlassener) Berater von Blau-Weiss-Führer Gantz von Netanjahu-Vertrauten vor versteckter Kamera zu der Behauptung verleitet, sein Chef sei "zu feige, den Iran anzugreifen". Und es wurden  diverse Attacken gegen die Justiz – und hier besonders Generalstaatsanwalt Mandelblit – geritten, weil diese in knapp zwei Wochen einen Prozess gegen Netanjahu wegen Korruption, Vorteilnahme und Bestechung eröffnen will.

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Peter Philipp war viele Jahre NahostkorrespondentBild: DW

Weitere Friedensverträge "in Arbeit"?

Netanjahu will mit diesen und anderen Intrigen und Kampagnen nichts zu tun haben, obwohl seine Verwicklung ein offenes Geheimnis ist. Er präsentiert sich in der Öffentlichkeit lieber als Wohltäter der Nation - wie auch in seiner Sieger-Rede nach der Wahl: Er habe neue Kontakte zu den Führern der Welt geknüpft, darunter unvorstellbar viele aus der arabischen und der muslimischen Welt. Wenn er von weiteren Friedensverträgen spreche, dann seien das keine leeren Worte sondern "in Arbeit".

Geflissentlich unterschlug er dabei, dass die Beziehungen zu Jordanien (das 1994 Frieden mit Israel schloss) in letzter Zeit alles andere als gut sind und dass die Palästinenserregierung von Präsident Abbas wegen der israelischen Siedlungspolitik die Kontakte zu ihm abgebrochen hat. Wer da glauben soll, mit einer weiteren Regierung Netanjahu würden bessere Zeiten anbrechen, dürfte bald schon eines Besseren belehrt werden: Wenn diese nämlich - wie jetzt wieder angekündigt - große Teile des Jordantals zu annektieren.