Ein Ruch von Neokolonialismus
19. September 2013Fast glaubt man sich zurückversetzt in eine andere Zeit - damals, als Mali noch französische Kolonie war. Bilder aus der Hauptstadt Bamako zeigen am Donnerstag (19.09.2013) den triumphalen Einzug des französischen Präsidenten François Hollande in das Stadion, in dem der neue malische Präsident seine Amtseinführung feierte. Überall in Bamako werden T-Shirts mit dem Konterfei des französischen Präsidenten verkauft. "Merci, Papa" steht darauf. Es gibt Hollande-Tee und hier und da wehen französische Fähnchen. Wessen Feier ist das hier eigentlich?, fragt man sich. Und wer ist hier der Chef? Malis Präsident Ibrahim Boubacar Keita oder Frankreichs François Hollande?
Weitere europäische Staatschefs sucht man denn auch vergebens auf den Tribünen beim Festakt: Hollande, als Ehrengast geladen, war der einzige. So wie er damals als einziger europäischer Staatschef die Intervention in Mali anordnete. Rückendeckung und Unterstützung gab es erst im Nachhinein. Schon damals vermuteten Kritiker neokoloniale Ziele hinter dem Eingreifen. Frankreich rechtfertigte es mit dem Kampf gegen den Terrorismus und dem offiziellen Gesuch der malischen Übergangsregierung um Hilfe.
Französische Interessen bewahren
Man mag von Frankreichs Militäreinsatz in dem westafrikanischen Land halten, was man will. Eines aber darf man nicht vergessen: Von nachhaltigem Frieden und nationaler Versöhnung ist Mali immer noch weit entfernt. Auch nach der französischen Militärintervention und obwohl immer noch 3200 Soldaten der ehemaligen Kolonialmacht vor Ort sind, gibt es Zusammenstöße mit Rebellen im Norden des Landes. Auch Dschihadisten bleiben offenbar weiter aktiv, denn erst kürzlich entdeckten französische Soldaten einen mit Sprengstoff gefüllten Lastwagen. Frankreichs Verhältnis zur bekanntesten Tuareg-Organisation, der Nationalen Bewegung für die Befreiung des Azawad (MNLA), ist angespannt. Und immer noch sind viele malische Flüchtlinge außer Landes.
Für die Wirtschaftsinteressen Frankreichs in Mali indes war die militärische Intervention natürlich ein Gewinn. Denn durch Putsch und Bürgerkrieg waren diese im Land und der angrenzenden Region gefährdet. Jetzt aber, so viel ist sicher, wird Mali französische Wirtschaftsinteressen aktiv unterstützen. Das hat die malische Regierung bei einem Besuch einer Delegation des französischen Unternehmerverbandes Medef deutlich zu verstehen gegeben. So gewinnt man Wählerstimmen in der Heimat und stärkt seine innenpolitische Position.
Wie positiv ist die Nähe zu Frankreich?
Dabei hatte der Staatszusammenbruch in Mali nicht zuletzt damit zu tun, dass der einstige Staatschef Amadou Toumani Touré ein Hätschelkind Frankreichs war. Dabei aber war er es, der das sogenannte Tuareg-Problem, die Frage nach Autonomie der Tuareg also, schleifen ließ und so eine Mitschuld an Putsch und Krieg trägt. Man muss hoffen, dass sich die große Nähe des neuen malischen Präsidenten Keita zu Frankreich positiver auswirkt als die seines Vorgängers Touré.
Schlechte Beispiele gibt es genug: Denn auch andere afrikanische Staatschefs genießen die Unterstützung Frankreichs: Der tschadische Autokrat - oder sollte man besser sagen: Diktator? - Idriss Déby Itno etwa konnte sich 2008 nur dank einer französischen Militärintervention an der Macht halten. Ebenso Alassane Ouattara, Staatsoberhaupt der Elfenbeinküste. Blaise Compaoré, Präsident Burkina Fasos, vermittelte im Konflikt in Mali, regiert aber sein eigenes Land mit eiserner Hand. Die Liste lässt sich beliebig verlängern. Sie alle waren anwesend beim Staatsakt für Ibrahim Boubacar Keita - eng an der Seite von François Hollande. Der wird übrigens von den Medien im eigenen Land wegen Mali, aber auch wegen seiner Syrien-Politik, immer öfter in Zusammenhang mit dem Begriff "Kriegsherr" gebracht.