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Politik

Ein Jahr AMLO: Mexiko hofft weiter

Herrera Pahl Claudia Kommentarbild App
Claudia Herrera-Pahl
1. Dezember 2019

Seit genau einem Jahr ist Präsident Andrés Manuel López Obrador im Amt. Trotz enormer Probleme im Land haben die meisten Mexikaner die Hoffnung in ihn nicht aufgegeben, meint Claudia Herrera.

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Mexiko Präsident Lopez Obrador in Tijuana
Bild: Reuters/J. Duenes

Das erste Amtsjahr von Andrés Manuel López Obrador ist auf dem Weg, das gewalttätigste Jahr in der jüngeren Geschichte Mexikos zu werden. Der traurige Rekord von 2018 mit 33.743 Morden dürfte 2019 übertroffen werden. Seine bisherigen Bemühungen, die Sicherheitslage im Land zu verbessern sind offensichtlich gescheitert. Zudem wird die mexikanische Wirtschaft 2019 nur um traurige 0,2 Prozent wachsen.

Trotz dieser dünnen Bilanz beendet López Obrador, in Mexiko meist nach seinen Initialen AMLO genannt, sein erstes Amtsjahr mit weit höheren Zustimmungswerten als seine drei Vorgänger Enrique Peña Nieto, Felipe Calderón und Vicente Fox. Gäbe es morgen Wahlen in Mexiko, würde AMLO sie wieder gewinnen, und zwar nicht nur mit 58 Prozent wie vor einem Jahr, sondern sogar mit mehr als 60 Prozent.

Ist seine Popularität nur Resultat seines volkstümlichen Charmes, oder macht er doch etwas richtig?   

Wunder gibt es nicht

López Obrador hat vor einem Jahr ein krisengeschütteltes Land übernommen. Er selbst sagte damals: "36 Jahre gescheiterter Politik kann man nicht in elf Monaten umkehren." Die Mexikaner, die sonst so gerne auf Wunder hoffen, demonstrieren eine erstaunliche Reife. Jeder weiß, dass die fürchterliche Gewalt der Drogenkartelle und die Herausforderung der Migration nicht innerhalb eines Jahres oder ohne internationale Bemühungen bekämpft werden können. 

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Claudia Herrera-Pahl leitet die Online-Redaktion Spanisch

Innenpolitisch sind die meisten Mexikaner der Meinung, dass die Regierung in Wirtschaftsfragen und bei der Bekämpfung der Korruption das Richtige tut. Die sozialen Hilfsprogramme der Regierung sind auch nicht unbemerkt geblieben. Auch die morgendlichen Pressekonferenzen des Präsidenten scheinen die Zuversicht in der Bevölkerung zu stärken. Die Tatsache, dass der Präsident täglich höchstpersönlich Rede und Antwort steht, sollte nicht unterschätzt werden: Es ermöglicht etwas, was es bisher in Mexiko nicht gab: Transparenz.

Die Wirtschaft spielt mit

Sicher, die Verzögerung beim Bau des neuen Megaflughafens Santa Lucía, die durch den Druck der Mafia erzwungene Freilassung des Drogenbosses Ovidio Guzmán während der Schießerei in Culiacán und das politische Asyl für Boliviens Ex-Präsidenten Evo Morales, wurden von den Mexikanern nicht einhellig mit Beifall bedacht, und trotz alledem unterstützen fast zwei Drittel der Bevölkerung den Präsidenten.

Und schließlich hat, allen Unkenrufen zum Trotz, hat die Wahl des linken AMLO keine Kapitalflucht ausgelöst. Die Wirtschaft stagniert zwar nahezu, aber Wechselkurs und Inflation sind unter Kontrolle. Anscheinend haben die Märkte und ausländischen Investoren keinen Grund zur Besorgnis.

Trump mag ihn

Auf internationaler Ebene gelang es López Obrador sein Land durch unruhige Gewässer zu steuern. Trotz der Spannungen mit dem Nachbarn im Norden hat es der mexikanische Präsident geschafft, eine Verschlechterung der Beziehung mit den USA zu verhindern. Er hat staatsmännische Ruhe bewahrt und Format bewiesen.

Selbst ein Donald Trump, der keinerlei Hemmungen hat öffentlich über andere Staatschefs zu schimpfen und zu lästern, sagt über López Obrador: "Ich mag ihn sehr. Ich komme gut mit diesem Präsidenten aus. Viel besser als mit dem Vorherigen. Er hat zwar sozialistische Neigungen, aber ich denke, er ist ein guter Mann."

AMLOs Präsidentschaft wird in fünf Jahren enden. Wird sich Mexiko unter der Präsidentschaft eines linken Charismatikers neu erfinden können? Zu den Lieblingssprüchen des Präsidenten zählen "Umarmungen statt Kugeln" oder "Mit Feuer kann man kein Feuer löschen". Vielleicht könnte López Obrador für die kommenden Jahre noch eine in Deutschland beliebte Redewendung beherzigen: "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg."