Die eigentliche Herausforderung ist Afrika
Die gegenwärtige Flüchtlingskrise in Europa hat eine unmittelbare Ursache: Bürgerkrieg und Chaos im Mittleren Osten. Doch es geht um ein dauerhaftes Phänomen. Die momentane Migration ist nur der Anfang einer langfristigen Entwicklung, die fast mit Sicherheit mindestens hundert Jahre anhalten wird.
Der Grund: Die Bevölkerung Afrikas wird nach Prognosen der Vereinten Nationen von heute knapp 1,2 Milliarden - doppelt so viele wie in der Europäischen Union - bis 2050 auf 2,4 Milliarden und bis 2100 auf 4,2 Milliarden gewachsen sein. Also fünfmal beziehungsweise achtmal so viele, wie es heute EU-Bürger gibt. Eine ähnliche Bevölkerungsexplosion sagt das amerikanische Pew-Forschungszentrum für die islamische Welt voraus.
Wenn beide Regionen weiterhin unter Krieg, Chaos, Misswirtschaft, Hunger und Umweltproblemen leiden, wird nichts und niemand die verzweifelten Flüchtlinge aufhalten können.
Gemeinsame Strategie Europas und Afrikas
Der starke Bevölkerungsdruck, der erst anfängt, sich auf Europa zu übertragen, ist bereits heute in den Herkunftsländern deutlich spürbar. Europa braucht eine Strategie, um damit fertigzuwerden. Und mehr denn je bedeutet dies, dass wir unseren Nachbarn in Afrika helfen, ebenfalls Lösungen zu finden. Unser Schicksal ist untrennbar mit ihrem verbunden.
Was können wir tun, um Frieden und Wohlstand für viele in Gegenden zu schaffen, die heute sehr arm und konfliktgebeutelt sind? Wir sollten hier in großen Kategorien denken und das Problem als Herausforderung historischer Dimension angehen.
Zum Thema Frieden: Medien wie Deutsche Welle könnten versuchen, eine anhaltende Diskussion über die Frage zu moderieren, ob es denn jemals angebracht ist, andere Menschen zu töten, nur weil sie einer anderen ethnischen oder religiösen Gemeinschaft angehören.
Hunderte Sonderwirtschaftszonen
Zum Thema Wohlstand ein Vorschlag: Europas führende Unternehmen, unterstützt von EU, der Afrikanischen Union, der Afrikanischen Entwicklungsbank und anderen internationalen Institutionen, sollten sich zum Aufbau von mehreren hundert Sonderwirtschaftszonen überall in Afrika zusammenschließen.
Von diesen Inseln des Wohlstands und der technischen Kapazitäten heraus könnte Afrika mit Bildung, Fachkräften, Infrastruktur und Produktionsstätten versorgt werden, um erneuerbare Energien, nachhaltige Landwirtschaft, Wasserversorgung, Gesundheit und Versorgungssysteme zu fördern - die gesamte Bandbreite einer Infrastruktur für dauerhaften Wohlstand.
Diese Wirtschaftszonen würden zu Knotenpunkten, von denen aus die ländlichen Gebiete der Umgebung technisch versorgt und entwickelt würden. Die Vorteile könnten die örtliche Bevölkerung überzeugen, ihre persönliche Zukunft zuhause statt im Ausland sehen.
Die Verwaltung dieser Zonen sollte in der Hand professioneller Management-Agenturen liegen mit nur minimaler Beeinflussung durch nationale Behörden. Denn in fast allen afrikanischen Ländern muss eine korruptionsfreie Wirtschaftskultur erst von Grund auf geschaffen werden. Das ist eine politisch schwierig durchzusetzende, aber notwendige Bedingung für den Erfolg.
Afrikanische Gemeinschaftswährung
Afrika könnte auch von den Fehlern der EU bei der Schaffung einer gemeinsamen Währung lernen. Die Deutsche Bundesbank könnte federführende Hilfe beim Aufbau und Betrieb einer neuen, vollelektronischen, professionell verwalteten panafrikanischen Handelswährung anbieten einschließlich der Schaffung einer Zentralbank - parallel zu den nationalen Währungen, nicht als Ersatz für sie.
Dieses Werkzeug könnte äußerst hilfreich sein, um den interregionalen Handel zu fördern und den Aufbau eines wohlhabenden, modernen Afrikas zu finanzieren.
Das ist eine Menge Arbeit. Doch die syrische Flüchtlingskrise sollte uns alle - Europäer, Afrikaner und die Völker des Mittleren Ostens - als Warnung und Antrieb dienen: Es wird höchste Zeit, beim Aufbau von dauerhaftem Frieden und Wohlstand in Afrika und der islamischen Welt Ernst zu machen.
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