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Kommentar: Die Abwehrsorgen sind zurück

Joscha Weber (aus Düsseldorf)4. September 2014

In 52 Minuten so viele Gegentore wie während der gesamten Weltmeisterschaft: Joachim Löws Abwehr-Experiment im Spiel eins nach der WM darf getrost als gescheitert gelten, meint DW-Sportredakteur Joscha Weber.

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Länderspiel Deutschland gegen Argentinien, Torwart Manuel Neuer und Abwehrspieler Matthias Ginter schauen ratlos nach einem Gegentor (Foto: REUTERS/Kai Pfaffenbach)
Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Zur Beruhigung gleich vorweg: Der WM-Pokal bleibt in Deutschland. Gut, man hätte angesichts des Spielverlaufs auch darüber nachdenken können, den Titel neu zu vergeben. Aber die Regeln sind - zum Glück aus deutscher Sicht - eindeutig: Ein Weltmeister bleibt ein Weltmeister, egal, was er danach anstellt.

Im Re-Match des WM-Finales von Rio de Janeiro demütigte Vizeweltmeister Argentinien Weltmeister Deutschland mit 4:2 - und das vor einem freudig-gespannten deutschen Publikum, das eigentlich gekommen war, um die Weltmeister zu feiern. Die Party ging mächtig in die Hose. Und das hatte zwei offensichtliche Gründe: den Totalausfall des nun wohl ehemaligen Torjägers Mario Gomez und die Arbeitsverweigerung der Abwehr.

Chance vertan

Während sich Gomez' haarsträubende Chancen-nicht-Ausnutzung relativ einfach beheben lässt (indem man ihn nicht mehr aufstellt), wiegt das Problem in der Abwehr schwerer. Joachim Löw wollte und musste Alternativen zum bewährten Personal testen. Philipp Lahm und Per Mertesacker sind zurückgetreten, Jerome Boateng und Mats Hummels fehlten angeschlagen. Also erhielten neben den während der WM souveränen Benedikt Höwedes die drei Dortmunder Kevin Großkreutz, Erik Durm und Matthias Ginter ihre Chance - und nutzten sie allesamt nicht.

Joscha Weber (Foto: DW)
Joscha WeberBild: DW

Schlechtes Stellungsspiel, mangelhafte Zuordnung, zu wenig Kommunikation untereinander - die Probleme in der Viererkette waren so zahlreich wie erschreckend. Schließlich spielen drei der vier Mitglieder gemeinsam im selben Verein. Vier Gegentore in 52 Minuten, genau so viele wie während des gesamten WM-Turniers - eine erschreckende Bilanz. Und um eins klarzustellen: Man kann die vier Gegentore nicht nur mit der Weltklasseleistung von Angel di Maria erklären. Individuelle und kollektive Fehler zu Hauf, Verunsicherung, die sich mit Händen greifen ließ. Die Quintessenz: Die Weltmeisterelf hat ein neues, altes Problem - die Abwehr.

Den eigenen Ansprüchen nicht gerecht

Wie schon im Vorfeld der WM wirkt die DFB-Elf ausgerechnet in ihrer einstigen Paradedisziplin, dem Verteidigen, verwundbar. Die zweite Abwehr-Garde ist noch nicht bereit für die großen Fußstapfen ihrer zurückgetretenen Vorgänger Lahm und Mertesacker. Natürlich kann man nun hoffen, dass mit der Rückkehr von Hummels und Boateng alles schon irgendwie wieder gut werde. Aber das wäre Augenwischerei. Auch ohne zwei etatmäßige Innenverteidiger muss eine deutsche Nationalmannschaft eine solide Defensive aufbauen können. Alles andere würde den formulierten Ansprüchen - dem Einzug ins EM-Finale 2016 - nicht gerecht.