Denn sie wissen nicht, was sie tun
Solche kleineren Militäreinsätze kann der französische Präsident alleine beschließen. Wenn er sich im Elysée-Palast langweilt, weil es in der Innenpolitik nicht vorangeht, kann er ein paar Jagdbomber entsenden, um den Kampf des Westens gegen die Barbarei des "Islamischen Staates" (IS) in Syrien zu unterstützen. In etwa so beliebig erscheint die Entscheidung von Francois Hollande, sich nach der Sommerpause ohne größere politische Begleitinitiativen an Luftschlägen in der Region zu beteiligen.
Und er kann sich sicher sein, dass seine Franzosen ihn in der Geste des globalen Staatsmannes noch am ehesten mögen. Bellizistisches Gerede erhöht beim französischen Wähler durchaus das Ansehen. Der Einsatz nützt also dem dauerhaft angeschlagenen politischen Image des Präsidenten. Er erscheint tatkräftig, ein Mann, der etwas unternimmt. Daneben erscheint die Frage, wie sinnvoll sein Handeln ist, schon fast kleinkariert. Denn während alle anderen Europäer vom Syriendesaster die Finger lassen, schickt Francois Hollande jetzt seine Raffale Jets, um wenigstens ein Zeichen zu setzen.
Viele Fragen zum Zweck des Einsatzes, wenig Antworten
Glaubt der Präsident tatsächlich, er könne den Krieg beenden, indem er noch mehr Krieg hinzufügt? Kommentatoren in der französischen Presse werfen Hollande vor, er wiederhole den Fehler von George W. Bush im Irak. Dieser Vergleich hinkt natürlich, aber sein militärisches Engagement wirkt ähnlich planlos.
Glaubt Hollande tatsächlich, seine Flieger könnten die Erfolge des IS auf syrischem Gebiet begrenzen oder einschränken? Glaubt er, sie könnten schaffen, was der überlegenen Luftmacht der USA nur sehr begrenzt gelingt? Selbst wenn dem so wäre, wer würde das entstehende Machtvakuum füllen? Werden nicht andere Mörder folgen, wenn die eine Sorte Mörder zurückgedrängt ist? Und wer soll der blauäugigen Beteuerung glauben, auf keinen Fall wolle die Regierung in Paris mit ihrer Aktion den blutigen Schlächter Baschar al-Assad unterstützen? Sie wird an der Wirkung ihrer Handlungen gemessen werden, nicht an ihren erklärten Absichten. Vertreter der Opposition fragten bei der Parlamentsdebatte den Präsidenten auch, was er mit der Mission eigentlich bezwecke: Assad zu stürzen oder den IS zu vertreiben? Das Ziel des Einsatzes ist unklar, denn jeder mögliche Erfolg scheint nebulös.
Es gibt keine militärische Lösung
Auch Francois Hollande weiß, dass es in Syrien keine militärische Lösung gibt. Aber er lässt sich von innenpolitischem Druck in den Aktionismus treiben. Die konservativen Republikaner spielen beim Kampf gegen die Zuwanderung von hundertausenden Kriegsflüchtlingen aus Syrien die außenpolitische Karte: Wir müssen das Land stabilisieren, dann bleiben sie zu Hause, so ihr Argument. Sie versuchen damit dem rechtspopulistischen Front National das Wasser abzugraben, der eine massive Anti-Flüchtlingskampagne nach dem Muster des ungarischen Präsidenten Viktor Orban betreibt. Der Sozialist Hollande aber versucht nun seinerseits, beide Rechtsparteien noch rechts zu überholen und gibt den entschlossen Militärführer.
Das Drama in Syrien aber ist für solche Experimente ganz ungeeignet. Und gar das Versprechen, mit einer regionalen Koalition möglicherweise sogar in einen Bodenkrieg zu ziehen, lässt einem den Atem stocken. Allerdings geht Präsident Hollande - wie wir alle - wohl davon aus, dass es dazu nicht kommen wird. Die einzig denkbare Lösung ist eine politische, auch wenn niemand bisher weiß, wie die erzwungen werden kann. Jedenfalls braucht es für diese Verhandlungen ein Gemüt ohne Ekelschwelle. Sowohl die notwendigen Gespräche mit Präsident Putin, wie die mit Assad oder IS und anderen Milizenführern lösen Würgereiz aus. Dennoch sind sie unumgänglich. Es gibt für Syrien keine guten Lösungen mehr, nur noch weniger schlimme. Ein paar französische Bomber gehören da eher nicht zum geeigneten Instrumentarium.
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