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Politik

Demokratie schützen, AfD beobachten!

2. September 2018

Demokraten Deutschlands, wehrt Euch! Spätestens seit Chemnitz ist klar: Die Feinde des Rechtsstaats - und dazu gehören auch Politiker der AfD - müssen vom Verfassungsschutz beobachtet werden, meint Astrid Prange.

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Anti-AfD Protest Augsburg
Bild: Reuters/W. Rattay

Wie lange noch? Wie lange noch lässt Bundesinnenminister Horst Seehofer es zu, dass die AfD und ihre Anhänger den demokratischen Rechtsstaat mit Füßen treten? Seit Chemnitz ist klar: Eine Demokratie darf sich nicht darauf beschränken, im Namen der Meinungsfreiheit rechtsextreme Verfassungsfeinde auszuhalten. Sie muss sich auch mit rechtsstaatlichen Mitteln gegen sie zur Wehr setzen.

Mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung ist laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Funke-Mediengruppe dafür, die AfD vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Und die Besorgten haben Recht. Bei einer Partei, deren Mitglieder zu Selbstjustiz und zum "Sturm auf Funkhäuser" aufrufen, ist Gefahr im Verzug. Eine Partei, die gemeinsam mit dem fremdenfeindlichen Bündnis Pegida Kundgebungen ausrichtet, macht gemeinsame Sache mit Rechtsradikalen. 

Die Beobachtung einer Partei durch den Verfassungsschutz ist das härteste Mittel, das ein Rechtsstaat gegen eine politische Organisation in der Hand hat - vor einem endgültigen Verbot. Er kann davon Gebrauch machen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass ein Verein oder eine Partei verfassungsfeindliche Taten plant und ausführt.

Aussteiger packen aus

Die Radikalisierung der AfD ist nicht neu, genauso wenig wie die Forderung nach ihrer Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Nicht nur SPD, Grüne und Teile der CDU haben immer wieder auf die gefährliche Entwicklung hingewiesen. Auch Mitglieder der AfD selbst haben aus diesem Grund ihrer Partei den Rücken gekehrt. 

Kommentarbild Astrid Prange
DW-Redakteurin Astrid PrangeBild: DW/P. Böll

Zu den bekanntesten gehören die ehemalige Parteichefin Frauke Petry, Anette Schultner, ehemalige Sprecherin der Plattform "Christen in der AfD", und Franziska Schreiber. Die frühere Vorsitzende der Jugendorganisation in Sachsen warnte jüngst in ihrem Buch "Inside AfD. Bericht einer Aussteigerin" vor der wachsenden Dominanz des rechtsnationalen Flügels um Björn Höcke.

Die AfD hat ihre bürgerliche Maske schon lange abgelegt. Ihre verbalen Ausfälle zielen nicht nur darauf ab, den Rechtsstaat in seiner Grundfesten zu erschüttern und zu verhöhnen. Ihre Mitglieder und Anhänger wirken auf perfide Art und Weise auch daran mit, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu relativieren, wie der Eklat um den Besuch einer Gruppe von AfD-Anhängern im Juli in der KZ-Gedenkstätte in Oranienburg gezeigt hat.

Seehofer bleibt auf dem Sofa

Es scheint, als ob der bayerische Verfassungsschutz in seiner Gefahrenanalyse schon weiter ist als der ehemalige bayerische Ministerpräsident und jetzige Bundesinnenminister Horst Seehofer. Das Amt lässt in Bayern seit März 2018 einzelne Funktionäre der AfD beobachten. Den Verfassungsschützern war eine Nähe zur "Reichsbürger"-Szene aufgefallen.

Doch was für Bayern gilt, gilt für den Bund noch lange nicht - so jedenfalls sieht es Seehofer. Für ihn liegen auch nach Chemnitz nicht die "Voraussetzungen für eine flächendeckende Beobachtung der AfD" vor, ließ er verlauten. Sein Vorwurf vom Februar 2016, die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung habe zu einer "Herrschaft des Unrechts"  geführt, hat Seehofer ebenfalls noch nicht zurückgenommen - zur Freude der AfD.

Wie die "Herrschaft des Unrechts" aussieht, das hätte Seehofer in Chemnitz beobachten können. Aber er tat es nicht. Dabei müsste der Bundesinnenminister eigentlich das erste Regierungsmitglied sein, das den Rechtsstaat verteidigt. Um es mit den Worten von Bundesaußenminister Heiko Maas zu sagen: Auch Seehofer müsste "mal vom Sofa hochkommen".

Es wird höchste Zeit, dass wir alle unsere Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen. Wer für demokratische Rechte auf die Straße geht, braucht Rückendeckung. Wer Hass und Hetze propagiert, dem muss der demokratische Rechtsstaat klare Grenzen aufzeigen. Denn das Recht auf Meinungsfreiheit umfasst nicht das Recht auf Abschaffung der Demokratie.