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Das Hilfspaket, das keinem hilft

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Henrik Böhme
18. August 2015

Es wird also kommen, das nächste Hilfspaket für Athen. Allein, es wird nicht helfen, wie schon die vergangenen Pakete. Jetzt braucht es radikale Lösungen wie einen echten Schuldenschnitt, meint Henrik Böhme.

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Symbolbild Griechenland Schuldenkrise
Bild: Reuters/Y. Behrakis

War es nicht so, dass nie wieder der Steuerzahler einspringen sollte, wenn eine Bank irgendwo in Schieflage gerät? So lautete das Versprechen der Politik nach dem Crash der Lehman-Bank und der daraus resultierenden Weltfinanzkrise. Mit Milliarden und Abermilliarden an Steuergeldern mussten taumelnde Banken gestützt werden. Nun wanken wieder europäische Banken, und wieder werden sie mit Steuermilliarden gerettet. Denn nichts anders geschieht, wenn die führenden Banken Griechenlands demnächst 25 Milliarden Euro erhalten aus dem Hilfspaket, welches die Europäer gerade für ihr Sorgenkind packen.

Doch das Vertrauen ist verschwunden.

Die Banken sind in Schieflage geraten, weil ihre Kunden massenhaft Geld abgezogen haben. Das haben sie gemacht, weil sie kein Vertrauen mehr haben in die Politiker ihres Landes, die ja eigentlich versprochen hatten, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Oder weil sie glauben, der deutsche Finanzminister sei ein böser Mann, der ihnen ihre Ersparnisse wegnehmen wolle. Oder aber weil sie sehen, was nicht zu übersehen ist: Was soll denn das nun schon dritte Hilfspaket bewirken, wenn schon die beiden vorherigen die Lage Griechenlands nicht zum Besseren wenden konnten?

Nein, die Lage ist vertrackt. Griechenland ist ein Fass ohne Boden, und das einzige, was das neueste Hilfspaket bewirken wird: Es ist mal wieder für eine Zeit lang Ruhe im Karton. Das war schon so nach Nummer eins und zwei, die innerhalb von fünf Jahren immerhin 240 Milliarden Euro an Notkrediten in Athens Kassen spülten. Und es war auch so nach dem Schuldenschnitt im Frühjahr 2012, als der Schuldenberg um 107 Milliarden kleiner wurde. Jede Wette: in zwei, drei Jahren geht der Sirtaki von vorne los, nur ohne Alexis Sorbas. Aber mit genervten Europäern, die eigentlich ganz andere Probleme zu lösen haben.

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Henrik Böhme, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Ein Grexit ist der falsche Weg.

Nur: Was tun? Die Griechen aus der Eurozone schmeißen und ihnen die Drachme zurückgeben, wie es ein renommierter Ökonom aus München in jedes Mikrofon spricht, das man ihm hinhält? Ist uns die großartige Idee eines vereinten Europa so wenig wert? Die können es nicht, raus mit denen? Natürlich hat das Projekt Europa dramatische Konstruktionsfehler. Die Krise Athens hilft uns dabei, diese Fehler zu sehen und Korrekturen vorzunehmen. Aber Europa sollte auch stehen für Solidarität, sollte in der Lage sein, einen Weg zu finden, das griechische Problem gemeinsam zu lösen.

Man kann jeden Abgeordneten des Deutschen Bundestages verstehen, der gegen ein neues Hilfspaket für Griechenland stimmt. Es reicht aber nicht, einfach nur Nein zu sagen. Sondern es sind auch Ideen zu entwickeln, Vorschläge, Alternativen, wie wir die Griechen im Euro halten können.

Solidarität muss eine europäische Tugend sein.

Es muss jetzt ein wirklicher Befreiungsschlag her. Und das kann nur der radikale Schuldenschnitt sein, für den ja auch der Internationale Währungsfonds eintritt. In Washington haben nämlich viele die Nase voll, sich ständig mit einer wirtschaftlich unbedeutenden Nation am Rande Europas zu beschäftigen, wo doch viele bettelarme Mitglieder des IWF ganz andere Probleme haben. Damit macht man sich keine Freunde in Berlin, aber auch dort weiß man natürlich längst, dass es nicht anders gehen wird. Nur es darf halt nicht so heißen. Aber auch eine Streckung der Kreditlaufzeiten auf 60 Jahre ist die falsche Lösung: Das erlebt keiner mehr, der in diesen Tagen darüber befindet. Gefragt ist Mut - Mut zur Wahrheit, die einem im schlimmsten Fall das Amt kosten könnte.

Griechenland muss die Chance bekommen, ein Wirtschaftssystem aufzubauen, das Rendite abwirft, ein Steuersystem, dass Steuern eintreibt. Muss seinen Menschen eine Perspektive bieten, damit sie ihr Geld eben nicht ins Ausland schaffen. Ob das unter Premier Tsipras gelingen kann, dessen Regierung in seiner bisherigen Amtszeit das Land vor allem Geld gekostet hat, ist stark zu bezweifeln. Aber das sollen die Griechen entscheiden. So wie es aussieht, wird es alsbald Neuwahlen geben. Europa aber sollte sich von seiner besten Seite zeigen, sollte helfen mit einer Art Marshall-Plan. Das wäre auch die beste Antwort auf die vielen europafeindlichen Kräfte, die sich längst formiert haben. Und zwar nicht nur in Athen, sondern auch in vielen anderen Hauptstädten.

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58