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Bundesliga wird schwächer

20. Mai 2017

Der Rückblick auf die Bundesliga-Saison offenbart einige Tops - aber umso mehr Flops. Die Qualität der deutschen Eliteklasse entwickelt sich insgesamt in eine negative Richtung, meint Andreas Sten-Ziemons.

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Deutschland Bayern München Arjen Robben
Bild: picture alliance/Pressefoto ULMER/M. Ulmer

Die Bundesliga-Saison 2016/2017 ist bis auf die noch ausstehende Relegation zu Ende. Abonnement-Meister Bayern München feiert mit 15 Punkten Vorsprung die fünfte Meisterschaft in Folge. Mit Darmstadt und Ingolstadt müssen die beiden heißesten Abstiegskandidaten zurück in die 2. Bundesliga. Und der Hamburger SV muss - wie immer - bis zur letzten Sekunde um den Klassenerhalt zittern. Eigentlich ist also nichts Überraschendes passiert. Oder doch?  

Allerdings, denn es gibt auch positive Überraschungen: RB Leipzig, 1899 Hoffenheim mit seinem beeindruckenden Trainer Julian Nagelsmann und ganz besonders der SC Freiburg, der trotz geringen Etats, aber dank eines starken Kollektivs einen hervorragenden siebten Platz belegt, der - wenn Dortmund mit einem Sieg im DFB-Pokalfinale Schützenhilfe leistet - das Europa-League-Ticket bedeutet. Auch die Leistung des 1. FC Köln, der nach 25 Jahren Abstinenz wieder in den Europapokal zurückkehrt, war außergewöhnlich.

Bundesliag FC Schalke 04 vs RB Leipzig
Bester Bundesliga-Neuling aller Zeiten: RB Leipzig belegt in der Abschlusstabelle Rang zweiBild: Getty Images/Bongarts/L. Baron

Aufsteiger und Vizemeister RB Leipzig wird immer noch von vielen Anhängern anderer Klubs, besonders der selbsternannten Traditionsvereine, sehr kritisch betrachtet. Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass die "Roten Bullen" in der abgelaufenen Saison eine Bereicherung für die Liga waren. Natürlich helfen die von Red Bull geschaffenen finanziellen Voraussetzungen, aber auch andere Vereine besitzen viel Geld. Leipzig hat darüber hinaus aber auch einen klaren Plan, wie man dieses viele Geld sinnvoll einsetzt, um größtmöglichen Erfolg damit zu erzielen. Anders als andere Klubs leistet sich RB, obwohl man es könnte, keine fertigen Top-Stars, sondern veredelt hochtalentierte, junge Spieler, die perfekt in die unter der Regie von Sportdirektor Ralf Rangnick entwickelte Fußballphilosophie hineinpassen.

Schneckenrennen um Europa

Der Brauseklub hat damit einen entscheidenden Vorteil im Vergleich zu Traditionsklubs wie beispielsweise Schalke und Hamburg, womit zwei der negativen Überraschungen genannt wären. Auch die beiden Werksvereine aus Wolfsburg und Leverkusen machten in dieser Saison nicht das Geringste aus ihren hervorragenden Möglichkeiten und erlebten eine Spielzeit zum Vergessen. Der VW-Verein aus Wolfsburg schaffte es dabei, zwei Jahre nach dem Pokalsieg und der Vizemeisterschaft auf dem Nullpunkt anzukommen. Nur ein Erfolg in der Relegation verhindert den Abstieg. In Leverkusen "opferte" man den wohl besten Kader der vergangenen 15 Jahre einem weitgehend beratungsresistenten Trainer Roger Schmidt, dem trotz anhaltenden Misserfolgs und vieler Alarmsignale niemand Einhalt gebot.

Sten Ziemons Andreas Kommentarbild App
Andreas Sten-Ziemons

Zudem fiel auf, dass sich die große Gruppe der Europapokal-Anwärter in der Rückrunde ein wahres Schneckenrennen lieferte. Selten war es so einfach, in den Europapokal zu kommen - allerdings fiel es auch selten so vielen Vereinen so schwer. Klubs wie Schalke oder Mönchengladbach müssen sich vor Ärger selbst in den Hintern beißen. Zwei Siege mehr, und man wäre dabei gewesen. Den größten Absturz erlebten Leverkusen und Frankfurt, die in der Rückrunde nur 17 beziehungsweise 13 Zähler sammeln konnten. Die Eintracht rauschte von Rang sechs auf Platz elf nach unten.

Ab ins Wellental

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Bundesliga, die sich selbst stets auf die Fahne schreibt, eine der drei Top-Ligen in Europa zu sein, an Qualität verloren hat. Wenn der FC Bayern fünfmal in Serie Meister wird und dabei immer zwischen zehn und 25 Punkten Vorsprung hat, dann spricht das nicht unbedingt nur für die Qualität der Münchener, sondern eklatant auch gegen die Qualität der Konkurrenz. Dass die Bayern ihre fünfte Meisterschaft in Folge in der Saison gewinnen, in der erstmals seit 2005 kein Bundesligist in einem der europäischen Halbfinals steht, weist in dieselbe Richtung.

Die Entwicklung im Fußball verläuft in Wellen, Erfolg hat man nicht dauerhaft, sondern phasenweise. In den vergangenen Jahren war der deutsche Fußball erfolgsverwöhnt. Bayern stand 2010, 2012 und 2013 im Finale der Champions League, damals in Wembley sogar in einem rein deutschen Endspiel gegen Dortmund. Ein ähnliches Hoch gab es vor dem letzten Tiefpunkt 2005: Die Bundesliga stellte 1997, 1999, 2001 und 2002 jeweils einen Finalisten in der Königsklasse. Danach ging es - genau wie jetzt - abwärts in ein Wellental. Ziehen Klubs und Liga die richtigen Schlüsse daraus, geht es demnächst auch wieder nach oben. Allerdings wohl erst in ein paar Jahren.

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