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Besondere Beziehung, besondere Verantwortung

Matthias von Hein5. Juli 2014

Wieder einmal reist Merkel nach China. Die Beziehungen mit dem Land sind so eng wie mit kaum einem anderen außerhalb Europas. Das ist gut, bringt aber auch besondere Verantwortung, meint Matthias von Hein.

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Merkel empfängt Xi Jinping (Foto: dpa Bildfunk)
Bild: picture-alliance/dpa

Wieder einmal reist Angela Merkel nach China. Innerhalb von etwas mehr als einem Jahr kommen da vier ranghohe Begegnungen zusammen: Erst der Antrittsbesuch von Premierminister Li Keqiang im Mai 2013, dann der Besuch von Staats- und Parteichef Xi Jinping in diesem März, jetzt die Reise der Kanzlern nach Peking und im Oktober die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen im Berlin. Dazu kommen noch die Reisen der Fachminister wie etwa Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Wirtschaftsminister Gabriel in diesem Frühjahr. Außer den USA gibt es kein anderes Land außerhalb Europas, mit dem Deutschland derart enge Kontakte pflegt. Weil kein anderes Land außerhalb Europas - wieder mit Ausnahme der USA - für die deutsche Wirtschaft so wichtig ist.

Deutsche Unternehmen haben massiv von dem enormen Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahrzehnte in China profitiert - speziell der Automobil- und der Maschinenbau. Deutschland pflegt diese engen Kontakte aber auch, weil jede wichtige internationale Fragestellung eine chinesische Dimension hat: Ob es nun um die Atomprogramme in Nordkorea oder im Iran geht, ob es um Fragen des Umweltschutzes oder der Energiesicherheit geht, ob es um Entwicklungsstrategien für Afrika, um den Krieg in Syrien und im Irak, um den Umgang mit Russland in der Ukraine-Krise oder auch um die Stabilität des Euro geht - immer spielt Peking eine Rolle, wenn auch nicht immer so, wie man sich das in Deutschland wünschen würde.

Fingerspitzengefühl und Mut nötig

Deswegen ist es gut, dass die deutsch-chinesischen Beziehungen so gut entwickelt sind. Sie sind durch Dialog-Foren, durch fest vereinbarte Besuchsintervalle, durch persönliche Kontakte bis tief hinab auf die Arbeitsebenen der Ministerien in einem Maße institutionalisiert, dass selbst Regierungswechsel keine Irritationen bringen. Das ist durchaus ein Alleinstellungsmerkmal. Mit besonderen Fähigkeiten geht allerdings auch immer eine besondere Verantwortung einher: Gerade weil Deutschland in Peking Gehör findet und als vertrauenswürdiger Partner gilt, muss die Kanzlerin den Mut aufbringen, auch schwierige Themen anzusprechen. Etwa die Territorialstreitigkeiten im Süd- und Ostchinesischen Meer. Die müssen auf völkerrechtlicher Basis gelöst werden und nicht militärisch. Auch im deutschen Interesse, denn die wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt wären im Konfliktfall betroffen.

Und: Die Kanzlerin sollte wenigstens hinter verschlossenen Türen die massiv verschärfte Unterdrückung kritischer Stimmen unter Wissenschaftlern, Journalisten oder Bloggern deutlich ansprechen und mehr Rechtsstaatlichkeit anmahnen. Dass die Klagen der Wirtschaft über unfaire Hindernisse beim Marktzugang angesprochen werden, darf ohnehin als gesetzt betrachtet werden. Es wird ja sogar ein neuer bilateraler Wirtschaftsausschuss eingerichtet.

Europäische Geschlossenheit gefragt

Dass Berlin besondere Beziehungen zu Peking unterhält, sollte außerdem nicht zu Alleingängen verführen. Die europäische Perspektive ist wichtig. Die Europäer machen es Peking zu leicht, die EU-Mitgliedstaaten gegeneinander auszuspielen. Leider wird sich diese Tendenz eher noch verstärken. Weil wachsende chinesische Auslandsinvestitionen den Wettbewerb unter den Europäern weiter anheizen werden - und da wiegen im Zweifelsfall die Eigeninteressen oft schwerer als die Gemeinschaftsinteressen.