Lächeln und Zähne zeigen
Flüchtlinge, NATO-Präsenz in Mittel- und Osteuropa, Europäische Union – drei große Baustellen. Und beim Treffen der Außenminister dreimal keine Einigkeit über den Umgang damit.
Unsere Flüchtlinge - eure Flüchtlinge
Beim Thema Flüchtlinge und deren Verteilung bleibt die polnische Regierung beinhart, mit den immer gleichen Argumenten - die durch die Wiederholung allerdings auch nicht besser werden. Polen sei an der Grenze seiner Belastbarkeit, wiederholt der polnische Außenminister. Im Land lebten bereits eine Million Ukrainer, die meisten seien geflohen vor der Gewalt in ihrem Land. Sagt Waszczykowski. Tatsächlich aber haben nur viertausend Ukrainer Asyl beantragt; zwei (!) haben im vergangenen Jahr Flüchtlingsstatus erhalten. Sagt das polnische Ausländeramt. Die anderen sind Arbeitsmigranten wie die sprichwörtliche ukrainische Putzfrau.
Aber vielleicht muss man schon dankbar sein, dass Polen seinen früher vereinbarten Verpflichtungen noch nachkommen will. Grundsätzlich zumindest sollen 7000 syrische Flüchtlinge ins Land dürfen. Sagt der polnische Außenminister. Vorausgesetzt, die Flüchtlinge kommen freiwillig und nicht alle gleichzeitig, also nicht alle in diesem Jahr. Oder im nächsten. Unterstützung sieht anders aus. Steinmeier steht daneben und weist darauf hin, dass man sich über die Verteilung nicht einig sei, ganz sachlich.
Ständige NATO-Präsenz gegen bewegliche Speerspitze
Auf dem NATO-Gipfel Anfang Juni will Polen Unterstützung von Deutschland – für eine stärkere, ständige NATO-Präsenz in Mittel und Osteuropa, an der Grenze zu Russland und als Zeichen an Russland. Die deutsche Regierung findet, dass sie mit ihrem Einsatz bei der NATO-Operation REASSURANCE in Mittel- und Osteuropa, mit ihrer Beteiligung an der sogenannten Speerspitze schon genug leistet an Mann und Material. Und Steinmeier sagt es zwar nicht, aber die Position ist klar: Die Deutschen werden die NATO-Russland-Grundakte nicht verletzen. Waszczykowski steht daneben und weiß, dass es da keine Einigkeit geben wird. Aber er bleibt freundlich.
Keiner kann ohne den anderen
Dieses Bemühen um Freundlichkeit ist beiden anzusehen. Nach den scharfen Tönen aus den Reihen - auch deutschen - EU-Führungspersonals und den groben Repliken darauf aus der polnischen Regierungspartei PiS ist das besser als nichts, wenn auch meilenweit entfernt von herzlicher Verbundenheit wie zu Zeiten der Vorgängerregierung. Trotzdem kann die Entscheidung der deutschen Regierung Früchte tragen: sich der öffentlichen Kritik an Polen zu enthalten und gleichzeitig ständige Gesprächs- und Besuchsbereitschaft zu signalisieren. Außer Deutschland kümmert sich keines der westlichen EU-Länder so recht darum, mit der neuen polnischen Regierung Kontakt aufzunehmen.
Jetzt geht's ums Ganze
Polen braucht Deutschland gegen seine Angst vor der Isolation. Und Deutschland braucht Polen. Denn es geht um etwas Größeres als nur gute nachbarschaftliche Beziehungen, sogar um mehr als die Verteilung von Flüchtlingen:
Es geht um die Zukunft der Europäischen Union, um ihren Zusammenhalt.
Wenn die deutsch-polnische Allianz nicht mehr hält, wenn auch Polen mit seinen knapp 40 Millionen Einwohnern den Weg in die Renationalisierung weitergeht, dann ist nicht nur Polen verloren - sondern vielleicht schon die EU.
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