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Politik

Aufklärung von Merkels Gnaden

Marcel Fürstenau18. Juni 2015

Union und SPD beugen sich dem Kanzleramt und verzichten darauf, als NSA-Untersuchungsausschuss selbst Einblick in die geheimen Suchlisten zu nehmen. So viel Staatsräson schadet der Demokratie, meint Marcel Fürstenau.

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Der Name Angela Merkel zwischen digitalen Computer-Zeichen symbolisiert die NSA-Affäre, in er auch Merkels Handy abgehört wurde.
Bild: Reuters

Warum gibt es den NSA-Untersuchungsausschuss? Weil Dank der Enthüllungen Edward Snowdens der Verdacht im Raum steht, Geheimdienste hätten massiv gegen deutsches Recht verstoßen.

Wer wird verdächtigt, massenhaft auch Daten deutscher Bürger an den US-Geheimdienst NSA geliefert zu haben? Der für das Ausland zuständige Bundesnachrichtendienst. Welche Gesetzesverstöße werden dem BND noch vorgeworfen? Der NSA beim Ausspionieren deutscher und europäischer Politiker und Unternehmen geholfen zu haben. Wer weigert sich fast schon demonstrativ, dem NSA-Untersuchungsausschuss Akten zur Verfügung zu stellen? Die Bundesregierung, allen voran das Bundeskanzleramt. Welche Schlussfolgerung ist aus diesen deutschen Zuständen zu ziehen? Dass es sich um einen riesigen Geheimdienst-Skandal mit großer politischer Brisanz handelt.

Die Bundesregierung kontrolliert sich selbst

Die Bundesregierung mauert, um die transatlantische Geheimdienst-Kooperation nicht zu gefährden. In Zeiten des globalen Anti-Terrorkampfs mag das bis zu einem bestimmten Punkt nachvollziehbar sein. Eine kritische Öffentlichkeit darf sich damit aber nicht abfinden. Und das tut sie auch nicht - dank hartnäckiger Journalisten, engagierter Bürgerrechtler und selbstbewusster Parlamentarier. Vornehmste Aufgabe der vom Volk gewählten Abgeordneten des Bundestages ist die Kontrolle der Regierung. Das gilt ganz allgemein und für Gremien wie den NSA-Untersuchungsausschuss ganz besonders. Wenn der jetzt freiwillig seine Kontrollkompetenzen einschränkt, ist das alarmierend.

Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
Deutsche Welle: Marcel FürstenauBild: DW

Was ist geschehen? Union und SPD haben den Vorschlag der Regierung akzeptiert, einer externen Vertrauensperson Einblick in die umstrittene Selektoren-Liste der NSA zu gewähren. Dabei handelt es sich um Suchbegriffe wie Namen und Mail-Adressen, die der BND im Auftrag seines Partnerdienstes ausspähen sollte. Dass diese Liste mehr als brisant ist, ergibt sich aus der endgültigen Weigerung der Regierung, sie den Abgeordneten des NSA-Untersuchungsausschusses vorzulegen. Mehrmals hat auch die SPD ultimativ verlangt, endlich Einblick zu erhalten. Nun begnügt sie sich damit, eine sogenannte Vertrauensperson den Job erledigen zu lassen. Die Union hatte mit dem freiwilligen Verzicht sowieso nie ein Problem.

Was bedeutet das für die Kontrollfunktion des Verfassungsorgans Bundestag? Dass er die Kontrolle an einer entscheidenden Stelle jenen überlässt, die er doch eigentlich kontrollieren will. Das ist nichts anderes als Selbstkontrolle der Bundesregierung. Was bedeutet das für die weitere Aufklärung im NSA-Untersuchungsausschuss? Dass sie zur Farce verkommt. Warum? Weil sich die Abgeordneten bevormunden lassen. Weil sie hinnehmen, Aufklärung von Merkels Gnaden zu betreiben. Die Bundeskanzlerin handelt im Interesse Deutschlands. Sie muss mitunter Rücksicht auf ihre Partner nehmen, erst recht wenn es die Amerikaner sind.

Verfassungsklage: Der Opposition ist viel Glück zu wünschen

Parlamentarier handeln zwar auch im Interesse Deutschlands. Ihre Staatsräson sollte allerdings nicht so weit gehen, zum verlängerten Arm der Exekutive zu mutieren. Genau das aber haben Union und SPD mit der Beschneidung ihrer Kontrollfunktion getan. Der Opposition ist viel Glück zu wünschen - mit ihrer angekündigten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Ein Erfolg dort wäre ein gutes Zeichen für das Funktionieren der Gewaltenteilung in Deutschland.

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