Angola braucht Demokratie nicht nur am Wahltag
Schon am Mittwoch, dem Wahltag, begannen die Regierenden in Angola sich und die Organisation der Wahlen zu loben. Bestnoten sollte man für deren Ausrichtung vergeben, befand eine Spitzenpolitikerin der seit 1975 - dem Jahr der Unabhängigkeit - regierenden, ehemals marxistischen Befreiungsfront MPLA. Richtig ist, dass diese Wahlen deutlich weniger chaotisch verliefen als die vorangegangenen. Gewaltausbrüche wie in Kenia blieben zum Glück ebenfalls aus.
Bestnoten sind dennoch fehl am Platz. Zum einen hat die nationale Wahlkommission viel zu wenige Wahlbeobachter der Oppositionsparteien akkreditiert, als nötig gewesen wären, um die Stimmabgabe in dem riesigen Land effektiv zu überwachen. Zum anderen hat sie so lange gezögert Wahlbeobachtungsmissionen aus Europa und Nordamerika zu akkreditieren, bis diese schließlich entweder entnervt aufgaben oder nur noch wirkungslose Mini-Delegationen schicken konnten.
Klima der Angst
Die Organisation des Wahltags war aber noch das kleinste Problem dieser angolanischen Wahlen. Die Regierungspartei MPLA dominierte massiv die Berichterstattung in den Medien. Die Opposition hatte kaum Chancen Gehör zu finden.
Dazu kommt die Angst vor freier Meinungsäußerung, die sich in Angola breit gemacht hat. Wer sein in der angolanischen Verfassung verbrieftes Recht zu demonstrieren ausübt, riskiert von der Polizei verprügelt zu werden. Wer sich in Oppositionsparteien engagiert, verspielt seine Karrierechancen in der öffentlichen Verwaltung und in den zahlreichen von Mitgliedern der MPLA kontrollierten Privatunternehmen.
Selbst wer nur mit Freunden über ein Buch zu gewaltfreien Methoden des Widerstands diskutiert, riskiert in Angola im Gefängnis zu landen.
Auf dem Papier mag Angola eine mustergültige Demokratie sein, aber die regierende Partei MPLA hat in den vergangenen Jahren ein Klima der Unterdrückung geschaffen, in dem keine wirkliche Demokratie gedeihen kann.
Chancen auf Neubeginn
Dabei war die Gelegenheit für einen demokratischen Neuanfang so groß wie schon lange nicht mehr. Denn nach über 37 Jahren an der Macht hat Präsident José Eduardo dos Santos nicht erneut kandidiert.
Fürs Erste bleibt dos Santos aber Parteichef der MPLA. Allein schon deshalb wird sein Nachfolger João Lourenço es kaum wagen, die milliardenschweren Interessen der Familie seines Vorgängers anzutasten.
Lourenços Vita als ehemaliger Generalsekretär des MPLA und Verteidigungsminister Angolas lässt ebenfalls nur wenig Hoffnung, dass ausgerechnet er nun einen demokratischen Wandel herbeiführen möchte. Vielleicht wird er kosmetische Maßnahmen ergreifen und Isabel dos Santos, Tochter des Präsidenten und die reichste Frau Afrikas, als Chefin der staatlichen Ölfirma Sonangol absetzen. Damit würde er auch interne Kritiker des MPLA besänftigen.
Dass Lourenço aber die Repression gegen Bürgerrechtler und Demonstranten beendet, die Medien wirklich liberalisiert und auch Lokal- und Provinzregierungen frei wählen lässt, ist nur wenig wahrscheinlich. Dafür ist er zu sehr Mann des bisherigen Regimes.
Dabei wäre genau ein solcher grundlegender Wandel dringend nötig, wenn aus Angola tatsächlich eine funktionierende Demokratie werden soll. Denn wahre Demokratie entsteht und zeigt sich nicht nur am Wahltag. Wahre Demokratie braucht Offenheit, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit - und dies Tag für Tag!
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