Geiseln in Freiheit
11. Januar 2008In Kolumbien haben linksgerichtete FARC-Rebellen am Donnerstag (10.1.2008) nach wochenlangen Verhandlungen zwei Geiseln freigelassen. Clara Rojas und Consuelo González wurden in der Nähe eines Indianerdorfes im Südosten Kolumbiens von Vertretern des Roten Kreuzes in Empfang genommen und anschließend nach Venezuela geflogen. Die heute 44-jährige Rojas wurde 2002 verschleppt. Sie war Wahlkampfleiterin der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt, die sich weiter in der Gewalt der linksgerichteten Rebellen befindet. Die Parlamentarierin González (57) war seit 2001 in der Hand der FARC.
"Wir wurden heute wiedergeboren", sagte Rojas nach der Freilassung. In der venezolanischen Hauptstadt Caracas trafen die beiden Frauen mit Familienangehörigen zusammen. Begrüßt wurden sie auch von Venezuelas Präsident Hugo Chávez, der sich für die Freilassung eingesetzt hatte. Chávez kündigte an, es werde auch künftig mit der FARC Kontakte geben, um weitere Übergaben zu ermöglichen.
Unterstützung erhielt der venezolanische Präsident von Consuelo González. "Herr Präsident Chávez, geben Sie nicht auf. Darum bitten Sie alle noch verbliebenen Geiseln", sagte sie.
Rebellen zeigen Gesprächsbereitschaft
Die erste, von Chávez eingefädelte Freilassungsaktion war Silvester nach mehrtägigen Vorbereitungen geplatzt. Die FARC hatte der Regierung und den Streitkräften in Kolumbien damals vorgeworfen, die Aktion sabotiert zu haben. "Garanten" aus sieben Ländern, darunter Argentiniens Ex-Staatschef Néstor Kirchner, hatten ebenso wie US-Filmemacher Oliver Stone, der die Aktion filmen wollte, tagelang in Kolumbien auf ihren Einsatz bei der Übergabe gewartet.
Chávez hatte im Dezember die Hoffnung geäußert, dass er zu einem späteren Zeitpunkt auch die Freilassung von Betancourt erreichen könne. Die Grünen-Politikerin hat auch einen französischen Pass. In den vergangenen Wochen erklärten die Rebellen, sie seien bereit, bis zu 50 Geiseln freizulassen, darunter neben Betancourt auch drei US-Bürger sowie mehrere Politiker und Militärs. Im Gegenzug müssten aber 500 hinter Gittern sitzende Guerilleros auf freien Fuß gesetzt werden.
Rojas Geschichte hält Kolumbien in Atem
Lange schien die Geschichte von Rojas ausschließlich an das Schicksal von Betancourt geknüpft zu sein: Die Anwältin aus Kolumbiens Hauptstadt Bogotá war im Februar 2002 mit Betancourt in einem Rebellengebiet 600 Kilometer südlich von Bogotá auf Wahlkampfreise, als beide entführt wurden. Während Betancourt den marxistischen Guerrilleros als geeignetes Faustpfand erschien, um rund 500 inhaftierte Gesinnungsgenossen freizupressen, wollten die Rebellen Rojas bald wieder auf freien Fuß setzen. Die Wahlkampfmanagerin weigerte sich aber, aus Solidarität mit ihrer Freundin. "Sie haben entschieden, mich freizulassen, aber ich werde bei Ingrid bleiben", schrieb sie in einem Brief an ihre Mutter.
Im April 2006 enthüllte der kolumbianische Journalist Jorge Enrique Botero erstmals die Existenz von Rojas' Sohn Emmanuel. Er nannte die Geburt des Kindes ein "Wunder", hervorgegangen aus einer selbstbestimmten Beziehung von Rojas zu einem Rebellen. Emmanuels Vater soll ein einfacher Guerilla-Kämpfer gewesen sein. Bei einer FARC-Versammlung soll der Mann beinahe zum Tode verurteilt worden sein und wurde schließlich zur Strafe an die Front geschickt – Liebesbeziehungen zu Geiseln sind Rebellen strikt untersagt.
FARC-Rebellen übergaben den Jungen bereits 2005 zunächst einem armen Bauern im Südosten des Landes. Seit Mitte 2005 lebt Emmanuel in einem Waisenhaus in Bogota. Das Kind sei zum Schutz vor möglichen Angriffen weggebracht worden, erklärten die Rebellen. Nachdem sich geklärt hat, dass Emmanuel längst in Sicherheit ist, sind nun endlich auch seine Mutter und deren 57-jährige Mitgefangene Gonzáles frei. (rri)