Koalitionsvertrag unterzeichnet
6. Januar 2014Seit der Wahl im Oktober 2013 hatten Sozialdemokraten (ČSSD), Christdemokraten (KDU-CSL) und die Bewegung ANO ("Ja") des Milliardärs Andrej Babis um ein Regierungsbündnis gerungen. Grundsätzlich geeinigt hatten sich Partner des künftigen Mitte-Links-Bündnisses bereits kurz vor Weihnachten - was noch fehlte war die Zustimmung der Parteigremien. Jetzt unterzeichneten die drei Parteichefs den Koalitionsvertrag und traten anschließend vor die Presse (Artikelbild).
Das letzte Wort hat der Präsident
Eine Garantie gibt es aber für die neue Koalition noch nicht: Die Regierung muss von Tschechiens Präsident Miloš Zeman ernannt werden, der bereits Vorbehalte gegen einige Ministerkandidaten angemeldet hat. "Wir erwarten, dass der Präsident auf der Grundlage der Verfassung handelt", sagte der voraussichtliche Ministerpräsident und ČSSD-Vorsitzende Bohuslav Sobotka. Die Parteien wollen das Kabinett mit zwei Frauen und 15 Männern besetzen.
Zeman soll Vorbehalte unter anderen gegen die Nominierung des Ex-Diplomaten und Schauspielers Martin Stropnicky für das Armeeressort haben. Als letzter Ausweg wurde in Prager Parteikreisen über eine Kompetenzklage gegen Zeman diskutiert, sollte dieser die Ernennung der Regierung hinauszögern.
Regierung sozialiberalen Zuschnitts
Gewinner der Parlamentswahl im Oktober waren die Sozialdemokraten mit 20,5 Prozent der Stimmen, die künftig acht Minister stellen sollen. Ihr Parteichef Sobotka soll denn auch neuer Regierungschef werden. Zweitgrößter Partner ist mit 18,7 Prozent die Protestbewegung ANO, die sieben Minister stellen wird, darunter den für Finanzen. Die Christdemokraten als kleinster Koalitionspartner erhielten 6,8 Prozent. Im Prager Abgeordnetenhaus kommt die Dreierkoalition auf 111 der 200 Sitze.
Keine Steuererhöhungen
In dem Koalitionsabkommen einigten sich die drei Parteien darauf, dass es bis zum Jahr 2015 keine Steuererhöhungen geben solle. Der Koalitionsvertrag sieht zudem die Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente sowie die Anhebung des Mindestlohns vor. Auch die teilweise Privatisierung des Rentensystems will die neue Koalition rückgängig machen. ČSSD-Chef Sobotka versprach er in einem Interview mit der Zeitung Právo.: "Wir werden den Bürgern nicht mehr mit schlecht durchdachten Reformen das Leben vergällen, die ihnen bloß das Geld aus der Tasche ziehen sollen."
Der Ausbau des südböhmischen Atomkraftwerks Temelín ist ebenfalls Gegenstand des Koalitionsvertrags. Die Partner wollen ihn unterstützen, "sofern es für Tschechien wirtschaftlich von Vorteil ist" – angesichts der hohen Baukosten ist das noch keine echte Garantieerklärung.
Die rechts-konservative Vorgängerregierung, mit dem konservativen Premier Petr Nečas an der Spitze, war im vergangenen Sommer über eine Bespitzelungs- und Korruptionsaffäre gestürzt.
qu/kle (dpa, rtre, afpe)