Klimaverhandlungen in Bonn: Der Teufel steckt im Detail
27. Mai 2016Als im Dezember in Paris ein neuer Klimavertrag verabschiedet wurde, war bei den Unterzeichnern der Jubel groß. Es flossen Freudentränen im Konferenzsaal, Delegierte lagen sich in den Armen. Inzwischen ist es ruhig geworden um das Pariser Abkommen. Dabei fing die richtige Arbeit erst jetzt an: In Bonn kamen für 11 Tage Vertreter der 196 Staaten zusammen, die den Vertrag unterzeichneten.
Die Aufgabe: Anfangen, die vollmundige Versprechung, die Erderwärmung unter 2 Grad, bzw. 1.5. Grad zu halten, einzulösen. Denn, so kritisierten Umweltorganisationen in Paris, ein ehrgeiziges Ziel hilft wenig, wenn starke Maßnahmen fehlen, um das Ziel auch zu erreichen.
Christiana Figueres, die Leiterin des Klimasekretariats der Vereinten Nationen, warnte daher eindringlich: "Die Treibhausgasemissionen müssen schnell ihren Höhepunkt erreichen und dann zurückgehen". Sie fügte hinzu: "Es ist ein Wettlauf mit der Zeit."
Gesagt ist noch lange nicht getan
2015 war das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Um den Klimawandel unter dem Gesamtziel von 1.5 bis 2 Grad zu halten, sind umfangreiche Maßnahmen notwendig, und zwar schnell. Die Klimaschutzziele, zu denen sich die einzelnen Länder freiwillig verpflichtet haben, stehen hierzu aber in einer Diskrepanz: Selbst wenn sie erreicht werden, wird man mit ihnen eine Klimaerwärmung von knapp drei Grad herbeiführen.
Die nationalen Klimaziele müssen in den kommenden Jahren also nachgebessert werden. Das hat der Pariser Vertrag so vorgesehen. Wie dies genau geschehen soll, welche Daten dazu herangezogen werden, ist unter anderem Teil der Verhandlungen in Bonn gewesen.
Eindämmung des Klimawandels, Anpassung und finanzielle Unterstützung für besonders vom Klimawandel betroffene Länder waren einige die Hauptthemen der Debatten. Auch die Verzahnung politischer Prozesse mit wissenschaftlicher Forschung und dem Weltklimarat IPCC wurden ausführlich debattiert.
Positives Resumé
Wichtige Entscheidungen wurden während der 11 Tage in Bonn noch nicht getroffen, dafür aber die Abläufe und Entscheidungen vorstrukturiert, die später zu einem effektiven Klimaschutz führen sollen. Ist das enttäuschend? Keineswegs, meint Ulriikka Aarnio vom 'Climate Action Network': "Es klingt komisch, dass man zum Beispiel eine ganze Woche damit zubringt, über die Agenda zu streiten. Aber es ist wirklich wichtig." Auch die technischen Details gehörten zur politischen Verhandlung dazu, so Aarnio gegenüber der DW. Einer der Redner bringt die Wichtigkeit der ausführlichen Diskussion der Details mit einem Zitat von Mahatma Ghandi auf den Punkt: "Die Geschwindigkeit ist irrelevant, wenn man in die verkehrte Richtung läuft."
Und auch Sönke Kreft von der Organisation 'Germanwatch' ist zufrieden, vor allem mit der Zusammenarbeit von Industriestaaten und Schwellenländern. Der DW sagt er: "Es gab die Befürchtung, dass jetzt die alten Lagerkämpfe wieder aufflammen - und das haben wir nicht gesehen. Es waren sehr konstruktive Verhandlungen. Von der Seite sind wir auf jeden Fall zufrieden."
Wie geht es weiter?
Zum einen muss das Pariser Abkommen noch ratifiziert werden. Denn erst wenn 55 Staaten, die zusammen mindestens 55 % der globalen Emissionen verursachen, den Vertrag unterzeichnen, tritt er in Kraft.
Sönke Kreft von Germanwatch ist optimistisch, dass dies noch dieses Jahr passieren wird. Das wäre ungewöhnlich schnell – beim Vorgänger des Paris-Abkommens, dem Kyoto-Protokoll, dauerte es über sieben Jahre.
Für die Klimapolitik gilt außerdem generell: Nach der Verhandlung ist vor der Verhandlung. Das Treffen in Bonn diente als Vorbereitung auf die Klimakonferenz in Marokko Ende des Jahres, die sogenannte "COP 22". Diese wird sich auf die Implementierung und konkrete Umsetzung des Pariser Abkommens konzentrieren. Bei den Bonner Verhandlungen wurde die Marrakesch-Konferenz daher "Action COP" genannt: Dort sollen den vorbereitenden Maßnahmen die in Bonn getroffen wurden, dann konkretere Entscheidungen folgen.