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Sauber abheben

Marcus Lütticke30. Oktober 2013

Rankings von Fluggesellschaften gibt es viele: meistens steht der Sicherheitsaspekt im Vordergrund, andere bewerten Komfort und Service. Nun gibt es ein neues Klimaranking - mit einem überraschenden Sieger.

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Ein Flugzeug schwebt über der Start- und Landebahn eines Flughafens (Foto: Fotolia.com)
Bild: whitelook - Fotolia.com

"Unser Ranking richtet sich an alle Flugreisenden, sowohl Privatpersonen als auch Geschäftsreisende", sagt Atmosfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen. Diese könnten bei Flugbuchungen so gezielt nach einer Airline suchen, die die Umwelt möglichst wenig belastet.

Atmosfair hat das Ranking nun zum dritten Mal in Folge erstellt. Das Hauptgeschäftsfeld der gemeinnützigen Firma besteht darin, Flugreisende zu Spenden für Klimaschutzprojekte zu bewegen. Auf der Webseite kann man für jeden Flug die Klimagas-Emmissionen ermitteln und eine entsprechende "Kompensationsleistung" zahlen. Freiwillig - für das gute Gewissen.

Wer unabhängig von einer solchen Zahlung besonders klimafreundlich abheben möchte, sollte laut Studie einen Platz bei Tunisair Express buchen. Die kleine nordafrikanische Airline verfügt jedoch nur über eine Flotte von vier Flugzeugen. Die Auswahl an Reiserouten ist auf Verbindungen zwischen Tunesien, Malta, Italien und Libyen beschränkt. Im Ranking von Atmosfair landete die Airline aber auf Platz eins.

"Äpfel oder Birnen?"

Eine TUIfly Boeing 737 auf dem Rollfeld (Foto: imago/Manngold)
Charterflieger TUIfly: Im Klimaranking an zweiter StelleBild: imago/Manngold

Auch deutsche Fluggesellschaften finden sich auf den oberen Plätzen. Die Charterflieger TUIfly und Condor belegen die Plätze zwei und sechs, Air Berlin findet sich auf dem zwölften Rang wieder. Ziemlich abgeschlagen ist in dem Ranking hingegen die Lufthansa. Die größte deutsche Airline landete nur auf Platz 67.

"Bei der Studie werden aus unserer Sicht Äpfel mit Birnen verglichen", erklärt Lufthansa-Pressesprecherin Sandra Kraft. Man könne keine Charterflieger wie TUIfly oder die Condor mit einer großen Linienfluggesellschaft wie der Lufthansa vergleichen.

Ein Grund für das gute Abschneiden der Chartergesellschaften ist die hohe Auslastung der Maschinen. Sie beschränken sich auf besonders nachgefragte Strecken, teilweise auch nur in den Monaten, in denen die Routen durch Pauschaltouristen sehr gut gebucht sind.

Außerdem sind ihre Maschinen oft sehr eng bestuhlt. Besonders geräumige Angebote wie die First- oder Business Class fehlen. So passen deutlich mehr Personen in ein Flugzeug, was für eine gute Klimabilanz sorgt.

Das Argument der Nichtvergleichbarkeit lässt Dietrich Brockhagen aber nicht gelten. "Uns interessiert, was dem Verbraucher schmeckt", sagt er. "Ob dem ein Apfel oder eine Birne schmeckt ist egal, wir bieten sie ihm beide an." Auf vielen Strecken habe der Verbraucher eben die Wahl, ob er mit einer Chartermaschine fliege oder einen Linienflug nutze.

Sparsame Triebwerke

Eine Stewardess zeigt den Business-Class-Bereich einer Boeing 747-8 Intercontinental - Foto: Tobias Hase (dpa)
Lufthansa Business-Class: Mehr Platz - auch zu Lasten der KlimabilanzBild: picture-alliance/dpa

Neben der Auslastung und der Bestuhlung, die auch Tunisair Express ganz nach oben gebracht hat, gibt es noch andere Kriterien, die die Klimabilanz der Airlines verbessern. Die eingesetzten Flugzeuge spielen ebenfalls eine große Rolle. Denn wie bei Autos auch gibt es hier Spritschlucker und sparsame Modelle.

Die Lufthansa habe in den Jahren 2012 und 2013 ihre Flotte deutlich effizienter gemacht, sagt Pressesprecherin Kraft. Die Datenbasis für das aktuelle Atmosfair Ranking stamme aber aus dem Jahr 2011. Die Studie hinke also der Zeit etwas hinterher.

Unabhängig vom eingesetzten Flugzeugtyp sind Kurzstreckenflüge besonders klimaschädlich, da der Energieaufwand beim Start sehr hoch ist. Ob die Airlines im Ranking vor allem Kurz-, Mittel, oder Langstreckenflüge anbieten, spielte bei der Bewertung durch Atmosfair jedoch keine Rolle. Für jede Flugstrecke wurden die effizientesten Anbieter ermittelt.

Billig bleibt außen vor

Dietrich Brockhagen, Executive Director von atmosfair (Foto: atmosfair gGmbH)
Atmosfair-Chef Brockhagen: "Wir geben Informationen, der Kunde entscheidet"Bild: atmosfair gGmbH

Eine Gruppe von Airlines bleibt beim Vergleich jedoch außen vor - die sogenannten "Billigflieger" wurden getrennt von den anderen Airlines bewertet und nur in Gruppen zusammengefasst dargestellt. Als Grund hierfür nennt Dietrich Brockhagen die hohen Subventionen, die es den Low-Cost-Anbietern wie Ryanair oder Easyjet ermöglichen, Flugtickets zu Tiefpreisen anzubieten. Dadurch werde eine Nachfrage und damit Flugverkehr erzeugt, den es sonst gar nicht geben würde.

Sind die Billigflieger also besonders klimaschädlich, unabhängig von ihrer individuellen Bilanz und gehören deshalb in einen eigenen Topf? Die Abgrenzung ist schwierig. Denn der Ticketpreis entscheidet auch bei Lienen- und Charterfliegern über die Auslastung der Airline. Und die Grenzen zwischen Linie und Low-Cost verschwimmen zunehmend.

Wer möglichst klimafreundlich fliegen will muss auf Komfort verzichten. Denn nur wenn es in der Maschine eng und voll ist, reist man effizient. Vielleicht bleibt der ein oder andere dann lieber direkt am Boden.