Kinostar Jean-Louis Trintignant ist tot
Er spielte mit Brigitte Bardot und Romy Schneider, drehte für Truffaut und Chabrol: Der französische Charakterdarsteller Jean-Louis Trintignant ist im Alter von 91 Jahren gestorben.
"Und immer lockt das Weib" (1956)
Einen seiner ersten Filme drehte Jean-Louis Trintignant mit Brigitte Bardot - damals auf dem Weg zum Star. Aufreizend blond spielt sie bei den Dreharbeiten ihren Sex-Appeal aus, alle Männer am Set erliegen ihrer Faszination: Der Mythos der "BB" ist geboren. Den schüchternen Trintignant aus der französischen Provinz, der bislang nur Theatererfahrung hat, verwirrt das. Er geht erstmal zum Militär.
"Angélique, 2. Teil" (1965)
Die Rolle des jugendlichen Liebhabers war nicht unbedingt sein Fach. Aber Trintignant, der am Theater in Paris sein Handwerk gelernt hat, gefiel sich in dieser Romanverfilmung als "Schmutzpoet" Claude le Petit - und Filmpartner der attraktiven Michèle Mercier. Für ihn war dieser Kostümfilm ein Meilenstein zur Überwindung seiner starken Schüchternheit, die ihn seit seiner Kindheit plagte.
"Ein Mann und eine Frau" (1966)
Geboren wird Jean-Louis Trintignant am 11. Dezember 1930 in der Provence. Der Sohn einer Industriellenfamilie, die auf großem Fuß lebt, aber kein Geld hat, will unbedingt Rennfahrer werden. Seine Mutter hat ihn als Kind noch wie ein Mädchen erzogen. Freund und Regisseur Claude Lelouch schreibt ihm 1966 diese Rolle auf den Leib, mit der Trintignant brillieren kann.
"Leichen pflastern seinen Weg" (1968)
Dieser extrem brutale Italo-Western ("Il grande silenzio") macht den Franzosen Trintignant als schweigsamen Rächer international bekannt. Regie führt Django-Erfinder Sergio Corbucci, die Musik hat Ennio Morricone geschrieben. Trintignants Gegenspieler im Film ist der Schauspieler Klaus Kinski, als eiskalter Kopfgeldjäger Loco. Zwei Outlaws, zwei starke Charaktere prallen da aufeinander.
"Z" (1969)
Der oscarprämierte Polit-Thriller "Z" von Regisseur Costa-Gavras ist ein Klassiker des europäischen Kinos. Der algerisch-französische Film seziert die Anatomie eines politischen Mordes während der Militärdiktatur in Griechenland. Er klagt Justiz und Politik offen an. Unvergessen: die Filmmusik von Mikis Theodorakis. Grandios: die schauspielerische Präzision von Jean-Louis Trintignant (re).
"Der große Irrtum" (1970)
Ende der 1960er Jahre hat sich Jean-Louis Trintignant längst einen Namen gemacht. Er spielt Verbrecher und Kommissare, Zyniker und stille Helden, kann sich die Rollen aussuchen. Er dreht gern mit anspruchsvollen Regisseuren. Die Regie von Bernardo Bertolucci verlangt ihm viel ab. Trintignant zweifelt - selbst auf dem Gipfel seines Erfolges - immer wieder an seinen schauspielerischen Fähigkeiten.
"Brutale Schatten" (1972)
In seinen Rollen als eiskalter Killer und Profiverbrecher kann er seine Gefühle gut verstecken. Sein unbewegter Blick wird zum Markenzeichen. Die Regisseure der französischen "Nouvelle Vague" - Chabrol, Truffaut, Rohmer - arbeiten gern mit ihm. Grandios ist Trintignant als Gangster im Film "Brutale Schatten" von Regisseur Jacques Deray, der sich am Ende angeekelt von seinem Job zurückzieht.
"Le Train - Nur ein Hauch von Glück" (1973)
Mittlerweile wird er als adäquater Filmpartner von internationalen Weltstars engagiert. Mit der Schauspielerin Romy Schneider, die seit langem in Paris lebt, dreht er mehrere Filme: 1973 "Nur ein Hauch von Glück" und im Jahr darauf ihren berühmtesten gemeinsamen Kinofilm "Das wilde Schaf". Jean-Louis Trintignant weiß längst wie er seinen Blick erotisch hochwirksam bei den Frauen einsetzen kann.
"Ein Mann und eine Frau - 20 Jahre später" (1986)
“Talent ist ein Geschenk von oben“, sagt er bescheiden 2012 im Interview. Als bekannter Filmschauspieler ist er gefragt. Aber er nimmt sich lieber Auszeiten, spielt Theater, fotografiert. Oder fährt Autorennen - zum Spaß. Drei Jahre dreht Trintignant keine Filme. Die Fortsetzung der Liebesgeschichte von 1966 (mit Lelouch) musste er einfach machen.
"Liebe" (2012)
Von Bühne und Film hat sich Jean-Louis Trintignant öfter verabschiedet. Jedes Mal gab er dazu extra hintergründige Interviews, die dann das Ende seiner Karriere heraufbeschworen. Aber er kann es nicht lassen: Als das Angebot von Regisseur Michael Haneke kommt, die Hauptrolle in dem Kinodrama "Liebe" zu spielen, sagt er sofort zu.(hier mit Isabelle Huppert als übergriffige Tochter)
Starke Charakterrolle
"Liebe" ist eher ein Kammerspiel. Für den Theaterprofi Trintignant eine große Chance. Aber die emotional belastenden Dreharbeiten bringen ihn an seine Grenzen. Der Film behandelt ein hartes Tabuthema: Sterbehilfe aus Liebe. Dafür gewinnt er den César.
Goldene Palme in Cannes (2012)
Die intensive Arbeit war von doppeltem Erfolg gekrönt. Regisseur Michael Haneke (Mitte) kann 2012 in Cannes die Goldene Palme für "Liebe" entgegennehmen. Eine Verbeugung der Jury auch vor der grandiosen Schauspielkunst der beiden Alt-Stars des französischen Films, Emmanuelle Riva und Jean-Louis Trintignant.
"Happy End" (2017)
Er dreht 2017 "Happy End“ - noch einmal mit dem Regisseur Michael Haneke, noch einmal mit Isabell Huppert. Es sollte nicht der Abschluss der langen Karriere von Jean-Louis Trintignant sein. 2020 ist er wieder am Set, spielt für seinen Freund Claude Lelouch, zusammen mit Anouk Aimée "Die schönsten Jahre eines Lebens". Dies ist die aktualisierte Fassung einer Galerie vom 11.12.2020