Kinderehen in Südasien
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat die Regierung in Bangladesch aufgefordert, das Heiratsalter nicht wie geplant auf 16 Jahre zu senken. Viele Mädchen werden ohnehin schon früher verheiratet.
Hochzeit schon mit 16 oder noch früher?
Human Rights Watch kritisiert in einem aktuellen Bericht, Kinderheirat sei "epidemisch" in Bangladesch. Die Regierung von Premierministerin Sheikh Hasina will durch eine Gesetzesänderung das Mindestalter von derzeit 18 auf 16 Jahre herabsetzen.
Eheschließung vor 15. Geburtstag
Einer UNICEF-Studie zufolge heiraten in Bangladesch 29 Prozent der Mädchen schon mit weniger als 15 Jahren. Die Experten von HRW hatten mehr als 100 minderjährige Bräute zu ihrer Familienplanung befragt. In Bangladesch dürfen Frauen mit 18 und Männer mit 21 Jahren heiraten. Trauung vor Ehemündigkeit ist strafbar. Dennoch können Geburtsurkunden gegen Bestechung gefälscht werden.
Raus aus der Armut
Bangladesch wird regelmäßig von Naturkatastrophen heimgesucht. Die Menschen leben in Armut. Die Familien verheiraten ihre Töchter, weil sie als finanzielle Belastung gelten. Premierministerin Shaikh Hasina will zwar Kinderheirat bis 2041 komplett abschaffen. Die Menschenrechtsorganisation ist aber der Ansicht, dass die Regierung "keine ausreichenden Maßnahmen" getroffen hat.
Häusliche Gewalt
Die Studie zeigt, dass junge Mädchen keinen Zugang zum Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem haben. Wirtschaftlich sind sie von ihren Ehemännern abhängig. Viele Befragte beschweren sich über häusliche Gewalt und sexuelle Nötigung in der Ehe.
Kein Einzelfall
Kinderehen sind in Südasien sehr verbreitet. Die Vereinten Nationen vermuten, dass weltweit mehr als 140 Millionen Mädchen vor ihrem 18. Geburtstag heiraten, die Hälfte davon in Südasien.
Sitten versus Gesetz
Kinderehen sind per Gesetz in Indien, Pakistan, Afghanistan, Bangladesch, Nepal und Sri Lanka verboten. Aber die Praxis ist eine andere. Nach einer Studie des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) geben 24,4 Millionen Frauen zwischen 20 und 24 Jahren in Südasien an, dass sie vor dem 18. Geburtstag geheiratet haben.
Veränderungen im Kopf vonnöten
Stephen Adkisson, Regionaldirektor des Kinderhilfswerks UNICEF, sagt der DW, es sei von entscheidender Bedeutung, die Öffentlichkeit für Themen wie Kinderehe, Müttersterblichkeit oder selektive Abtreibung nach Geschlecht zu sensibilisieren und den Dialog zu fördern. Nur so könne eine Veränderung im sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Hintergrund erreicht werden.