Christine Nöstlinger ist tot
13. Juli 2018Vor wenigen Wochen hatte Christine Nöstlinger bekannt gegeben, dass sie keine Kinderbücher mehr schreiben wolle. "Meine eigene Kindheit ist schon eine historische und die meiner eigenen Kinder auch schon bald. Es ist alles sehr, sehr anders geworden, und ich verstehe es nicht mehr. Das heißt nicht, dass ich ein abfälliges Urteil über heutige Kinder hätte", sagte Nöstlinger dem Magazin "News".
Als Reaktion auf ihren Tod zeigten sich Nöstlingers Verlage in Deutschland betroffen. Nöstlinger habe die deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur mitgeprägt, hob der langjährige Verleger Hans-Joachim Gelberg (Beltz und Gelberg) am Freitag hervor. "Was sie erzählt, hat sie in allen Facetten auch erlebt." Sie sei wie ihre Freundin Astrid Lindgren ganz und gar den Kindern zugewandt gewesen, so Gelberg. Für Oetinger-Verlegerin Silke Weitendorf war Nöstlinger "eine der bedeutendsten Autorinnen unseres Hauses, die wir über 45 Jahre begleiten durften. Wir trauern um eine wunderbare Freundin und große Schriftstellerin."
Die gebürtige Wienerin verfasste im Laufe ihrer Karriere über 150 Bücher, darunter Titel wie "Maikäfer flieg!", "Die feuerrote Friederike", "Wir pfeifen auf den Gurkenkönig", "Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse" oder die "Geschichten vom Franz".
Nöstlingers Werk wurde in 30 Sprachen übersetzt und zum Teil auch verfilmt. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen zählen der Hans-Christian-Andersen-Preis und der Astrid-Lindgren-Preis. Ihre Kinderbücher waren von einem antiautoritären Erziehungsstil geprägt. Zeit ihres Lebens kämpfte sie unermüdlich gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung.
Kämpferin für soziale Gerechtigkeit
Christine Nöstlinger, geboren am 13. Oktober 1936, setzte sich in ihren Texten auf humorvolle Weise mit Problemthemen wie der Trennung von Eltern aus Kinderperspektive auseinander. Sie schilderte Milieus realistisch, übte Sozialkritik.
Die Autorin verfasste selbst Drehbücher, Hörspiele und Theaterstücke und arbeitete - unter anderem als Literaturkritikerin - für verschiedene Medien. In ihren auch in Buchform erschienenen Zeitungskolumnen zeigte sich das gesellschaftliche, politische Engagement der Autorin, die von 1997 bis 1998 Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation "SOS Mitmensch" war.
Ihr Kinderbuch "Maikäfer, flieg!" über das Leben im nach dem Zweiten Weltkrieg zerbombten Wien wurde jüngst verfilmt. "Es ist Krieg. Es ist schon lange Krieg. Ich kann mich überhaupt nicht mehr daran erinnern, dass einmal kein Krieg war", heißt es darin.
2001 überstand Nöstlinger eine Brustkrebserkrankung, 2010 Gebärmutterhalskrebs. Bereits am 28. Juni ist die österreichische Kinderbuchautorin nach kurzer Krankheit im Alter von 81 Jahren gestorben. Dies teilte der Residenz-Verlag am Freitag in Wien mit. Zuvor hatte der ORF berichtet.
fs/pj (mit dpa, munzinger.de)