Cornelia Funke wird 50
9. Dezember 2008"Tintenherz", "Tintenblut" und "Tintentod" - so heißen die Bücher der Tintenherz-Trilogie. Geschrieben hat die drei Bestseller die Kinder- und Jugendbuch-Autorin Cornelia Funke. Die deutsche Gesamtauflage ihrer verkauften Bücher liegt bei rund sechseinhalb Millionen Exemplaren. Die Verfilmung von "Tintenherz" feierte am Dienstag (09.12.2008) Weltpremiere.
Für Kinder zu schreiben, sei der wunderbarste Beruf der Welt, sagt Cornelia Funke. Weil Kinder so leicht zwischen die Worte schlüpfen, die man ihnen gibt, sie sich überziehen wie eine Tarnkappe, aus ihnen Türme bauen und Fenster, durch die sie klettern, und Orte betreten, die sie nie zuvor gesehen haben. Man muss ihnen nur einen Faden spinnen, einen Silberfaden aus Wörtern, und schon brechen sie auf, gehen in deiner Vorstellung spazieren, neugierig furchtlos und hungrig darauf, das Fürchten zu lernen.
Fühlen, Kind zu sein
"Ich bin niemand, der ständig seinen Erinnerungen aus der Kindheit nachhängt", sagt Funke. "Aber ich weiß, wie es sich anfühlt, kleiner zu sein, anders zu sein. Und finde es unglaublich spannend, sich auf Kinder einzulassen, weil sie die Welt eben noch nicht so in Kästen gepackt haben, und weil sie noch immer diesen frischen und sehr erstaunten Blick auf die Welt haben."
Im Alter von 28 Jahren ist die 1958 in Westfalen geborene Cornelia Funke zum Kinderbuch gekommen, zunächst als Illustratorin. Aber sehr schnell hat sie begonnen, sich zu den Bildern, die sie zeichnet, eigene Geschichten auszudenken. Und so sind inzwischen mehr als 40 Bücher entstanden, viele davon preisgekrönt.
Vom Erstleser bis zum Teenager
Alles zusammen wurden allein im deutschsprachigen Raum rund vier Millionen Bücher von Funke verkauft. Ganz unterschiedliche Bücher sind das, von kurzen Texten für Erstleser über die Alltagsabenteuer einer Truppe pubertierender Mädchen, kurz "Wilde Hühner" genannt, bis hin zu großen vielschichtigen Romanen, in denen sich Realität und phantastische Welten kunstvoll durchdringen. Aber immer treffen diese Bücher Ton und Geschmack der jeweiligen Zielgruppe genau.
Das sieht Funke als ihre Rolle: Als Schriftstellerin sei sie eine Art "Gestaltschlüpfer". "Dadurch kann man die Form und die Art seines Wesens ändern", sagt sie. "Mir macht es keine Probleme, wenn ich für Erstleser schreibe, dann habe ich meinen Sohn im Kopf. Und wenn ich die 'Wilden Hühner' schreibe, dann denke ich vielleicht an die furchtbaren Zeiten, als ich noch ein Teenager war. Und dann schlüpfe ich ohne große Anstrengung in diese Rolle."
Phantasie-Welten
Mit Wärme, Humor und einem Faible für ungewöhnliche Namen erfindet Cornelia Funke ihre phantasievollen Welten, Geschichten in der Tradition der von ihr verehrten englischsprachigen Autoren Dickens und Twain, die immer in einem Happy End münden. Die Probleme unseres Lebens werden dabei so kunstvoll nebensächlich eingeflochten, dass kein junger Leser sich in ihnen verheddern kann. Sie wolle Kinder auf Dinge aufmerksam machen, die sie selbst wunderbar fände, sagt Funke. "Ich versuche immer, das Ganze in eine Geschichte zu binden. Zuerst ist immer die Geschichte da."
Internationaler Erfolg
Mit dem Roman "Herr der Diebe" gelang Cornelia Funke der internationale Durchbruch und ein sensationeller Erfolg in den USA und Großbritannien. Die Geschichte der Straßenkinder Wespe, Riccio, Mosca, Prosper und Bo, die im winterkalten Venedig in Scipio, dem 'Herrn der Diebe' einen geheimnisvollen Anführer gefunden haben, hatte dem britischen Harry Potter-Verleger Barry Cunningham so gut gefallen, dass er die weltweiten englischsprachigen Buchrechte erwarb.
"Deutsches Juwel"
Die Erstauflage von 10.000 Hardcover-Exemplaren war dann bereits am ersten Tag vergriffen. Und die britische Zeitung "The Guardian" feierte "The thief lord" als "deutsches Juwel, vor dem sich englischsprachige Kinderbuchautoren verstecken müssten". 20 Wochen stand das Buch auf US-Bestseller-Listen und wurde mit den beiden wichtigsten Preisen für ausländische Autoren - dem Mildred Batcheider Award und dem BookSens Book of the Year - ausgezeichnet. Im November 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Funke fühlt sich geehrt, sogar ein wenig beschämt vom Erfolg: "Was wünscht man sich mehr als Geschichtenerzähler, als dass man Geschichten erzählt, die in verschiedensten Kulturkreisen funktionieren."
Leben in Amerika
Dankbar und bescheiden ist sie trotz dieser Welle des Erfolgs geblieben. Cornelia Funke ist nicht nur eine begabte, sondern auch eine überaus sympathische Autorin. Bis Mai 2005 lebte sie mit ihrem Ehemann Rolf und ihren beiden Kindern in Hamburg. Dann zog die Familie nach Los Angeles. Ein Jahr später starb ihr Mann, mit dem sie 26 Jahre verheiratet war, an Krebs. "Er war mein bester Freund und mein bester Ratgeber" schreibt sie in einem Brief auf ihrer Homepage - und "immer einer meiner ersten Leser".