Kinder statt Karriere: Sind Frauen feige?
Die Journalistin Bascha Mika hat ein Buch geschrieben: "Die Feigheit der Frauen". Darin wirft sie jungen Frauen vor, sich wieder in die traditionelle Mutterrolle zu flüchten. Drei Gründe hat sie dafür gefunden: Väter geben die eigene berufliche Karriere nicht gerne auf; es gibt zu wenige Plätze in Kindertagesstätten; Frauen verstehen Liebesbeziehungen als Lebensversicherung und kümmern sich nicht um die eigenen Berufspläne.
Damit hat die Autorin eine hitzige Diskussion verursacht. Doch sie will keinen neuen Frauenkrieg anfangen. Sie möchte die angeblich selbstsicheren jungen Frauen vor den typischen Fallen des Lebens warnen, vor allem beim Thema Kinder: "Ich würde mich freuen, wenn Frauen an biografischen Schnittstellen einen Moment innehalten und darüber nachdenken, was für Konsequenzen ihre Entscheidungen haben", so die Journalistin.
Viele Frauen entscheiden sich gegen einen Beruf und für die Familie, anstatt beides zu verbinden. Schuld daran ist für Bascha Mika der deutsche Muttermythos: Angeblich kann sich keiner so gut um ein Kind kümmern, wie die richtige Mutter. Damit würden Frauen zu Sklavinnen ihrer Mutterrolle, sagt sie. Die Fakten geben Mika recht: Frauen in Westdeutschland arbeiten nach der Geburt eines Kindes nur rund 25 Stunden in der Woche. Auch werden sie immer noch schlechter bezahlt als Männer und gelangen nur sehr selten in Führungspositionen.
Bascha Mikas Vorbild ist ihre eigene Mutter. Diese hat es geschafft, neben einem anstrengenden Job noch fünf Kinder zu erziehen. Von dieser Lebensart ist sie überzeugt: "Wir brauchen den Beruf für uns. Wenn wir uns in alte Muttermuster pressen lassen, verabschieden wir uns von der Vielfalt, die wir als Frau leben können. Dann frisst uns die Mutter auf", warnt Bascha Mika. Mehr Mut dazu, Beruf und Familie zu vereinen - das ist ihr Motto für alle jungen Mütter.
Glossar
feige - so, dass man nicht mutig ist
jemandem etwas vorwerfen - jemanden für etwas kritisieren
Platz, der - hier: die Aufnahme in einer Einrichtung (z.B. im Kindergarten)
Kindertagesstätte, die - der Kindergarten für den ganzen Tag (Abkürzung: Kita)
Lebensversicherung, die - hier: die wirtschaftliche Sicherheit
hitzig - hier: aufgeregt
selbstsicher - so, dass man sich selbst vertraut; so, dass man an sich glaubt
Falle, die - hier: die falsche Entscheidung
biografisch - das eigene Leben betreffend
Schnittstelle, die - hier: der Moment einer großen Veränderung
innehalten - hier: etwas in Ruhe überlegen
Muttermythos, der - ein altmodisches Bild von der Rolle der Mutter
Sklave/Sklavin, der/die - ein/e Arbeiter/in, der/die gekauft wurde und nicht frei ist
Fakt, der - die Tatsache
rund - hier: ungefähr
Führungspositionen, die - eine Arbeitsstelle mit Verantwortung für andere Mitarbeiter
Muttermuster, das - hier: die traditionelle Rolle der Frau als Mutter
Vielfalt, die - hier: die verschiedenen Möglichkeiten
Motto, das - ein kurzer Satz, der den wichtigsten Gedanken einer Gruppe darstellt
sich in etwas pressen lassen - hier: in eine bestimmte Rolle gezwungen werden
Fragen zum Text
1. Vervollständigen Sie den Satz: Bascha Mika sagt, dass viele junge Frauen …
a) keine Kinder mehr kriegen wollen.
b) Kinder kriegen und dann nicht mehr arbeiten gehen.
c) ein Kind bekommen und trotzdem arbeiten gehen.
2. Wenn Menschen zu einem Thema sehr unterschiedliche Meinungen haben,
dann …
a) sind sie sehr selbstsicher.
b) hören sie auf zu reden und wollen innehalten.
c) kommt es zu einer hitzigen Diskussion.
3. Was ist das Motto der Journalistin Bascha Mika?
a) Frauen sollen sich trauen, Familie und Beruf zu verbinden.
b) Männer sollen zuhause bleiben und nur die Frauen sollen arbeiten gehen.
c) Frauen sollen erst Kinder kriegen, wenn sie ihre beruflichen Ziele erreicht haben.
4. Es ist … , dass Frauen oft weniger verdienen als Männer.
a) eine Konsequenz
b) ein Fakt
c) eine Falle
5. Vor wichtigen Entscheidungen soll man einen Moment …
a) innehalten.
b) anhalten.
c) behalten.
Arbeitsauftrag
In vielen Berufen gibt es nur Männer, in anderen fast nur Frauen. Sammeln Sie ein paar Beispiele und diskutieren Sie im Kurs, welche Gründe das haben kann.
Autoren: Astrid Prange/Matthias Mayr
Redaktion: Raphaela Häuser