Sudan ignoriert Den Haag
6. Juni 2008Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC), Luis Moreno-Ocampo, hat der sudanesischen Regierung vorgeworfen, die Verfolgung von Verbrechen in Darfur zu behindern. "Ich teile mit, dass der Sudan nicht mit dem (internationalen) Gericht zusammenarbeitet", sagte Moreno-Ocampo am Donnerstag (5.6.2008) in New York bei der Vorlage seines halbjährlichen Berichts an den UN-Sicherheitsrat.
Verbrechen werden nicht verfolgt
In den vergangenen fünf Jahren seien Millionen Menschen Opfer von Übergriffen gewesen, erklärte Moreno-Ocampo. Es herrscht Straffreiheit in der Region. Moreno-Ocampo kündigte an, in den nächsten Monaten Beweise vorzulegen. Er verglich die sudanesische Regierung mit den Nazis, weil sie nicht mit den Vereinten Nationen kooperiere. Auch die Nazis seien unter dem Deckmantel der Souveränität gegen ihre eigene Bevölkerung vorgegangen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reagierte tief besorgt auf den Bericht. Der amerikanische UN-Botschafter Zalmay Khalilzad sprach von einem "sehr irritierenden" Bericht und kündigte an, der Sicherheitsrat werde dazu Stellung nehmen. "Wir sind der Überzeugung, dass diejenigen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden müssen."
Auslieferung an den Strafgerichtshof abgelehnt
Luis Moreno-Ocampo wirft in seinem Bericht Regierungsmitgliedern in Khartum vor, an den Verbrechen beteiligt zu sein. "Es werden noch immer schwerste Verbrechen in Darfur begangen. Mädchen werden weiter vergewaltigt, Kinder sterben, wenn ihre Schulen bombardiert werden. Die ganze Darfur-Region ist ein Tatort", sagte der argentinische Chefankläger. Leider weigere sich die Regierung in Khartum, die wegen Kriegsverbrechen angeklagten Ahmad Harun und Ali Kuschaib an den Haager Gerichtshof zu überstellen.
Harun ist ehemaliger sudanesischer Innenminister und inzwischen Staatssekretär für humanitäre Angelegenheiten. Ali Kuschaib war Anführer der Dschandschawid-Milizen. Der Sudan lehnt eine Auslieferung weiter ab, wie der sudanesische UN-Botschafter Abdelmahud Mohamad bekräftigte, da der Sudan dem Internationalen Strafgerichtshof nicht beigetreten sei.
Nichtafrikanische UN-Soldaten dürfen einreisen
Unterdessen hat die sudanesische Regierung nach Angaben eines britischen Diplomaten zugesagt, UN-Soldaten aus Thailand und Nepal nach Darfur einreisen lassen. Seit Januar ist eine gemeinsame Friedenstruppe der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union im Sudan. Sie umfasst derzeit aber nur 9000 der geplanten 26.000 Soldaten, weil die Regierung bisher gegen die Einreise nichtafrikanischer Sicherheitskräfte war.
Moreno-Ocampo wirft der sudanesischen Regierung nun eine Verschleierungsstrategie vor. Einerseits akzeptiere sie eine Friedenstruppe und Hilfsorganisationen, andererseits unterstütze sie Harun. Schätzungen zufolge wurden in Darfur seit 2003 bis zu 300.000 Menschen getötet. 2,5 Millionen Menschen sollen auf der Flucht sein. (det)