Verfahren gegen Kevin Spacey eingestellt
18. Juli 2019Die #MeToo-Debatte, die mit massiven Vorwürfen gegenüber Filmmogul Harvey Weinstein entfacht worden war, hatte auch für Hollywood-Schauspieler Kevin Spacey Konsequenzen. Zahlreiche Männer beschuldigten den "House of Cards"-Star 2017, sie sexuell belästigt zu haben und sexuell übergriffig geworden zu sein. Die Zahl der Fälle beläuft sich inzwischen auf über 30, nur ein Fall landete letztlich vor Gericht.
Das mutmaßlich Opfer, damals 18 Jahre alt, wirft dem Schauspieler vor, es 2016 in einem Restaurant auf der Insel Nantucket vor der US-Ostküste betrunken gemacht und dann unsittlich berührt zu haben. Nun wurde der Strafprozess gegen den US-Schauspieler wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung eingestellt. Der Grund: Das mutmaßliche Opfer wollte vor Gericht nicht mehr aussagen.
Opfer-Anwalt: "emotionale Achterbahn"
Der heute 21-Jährige verweigerte die Aussage darüber, ob er möglicherweise Textnachrichten von der angeblichen Tatnacht auf seinem Handy gelöscht haben könnte. Bei seiner ersten Aussage gab er an, das Handy sei nicht auffindbar. Der Fall war dadurch ins Wanken geraten.
Anfang Juli 2019 meldete der zuständige Richter, Thomas Barrett, schließlich Bedenken an, dass der Prozess ohne Kooperation des Zeugen "eine ganz schön schwierige Sache" sei. Kurz zuvor hatte der junge Mann eine Zivilklage gleichen Inhaltes gegen Spacey schnell wieder fallen gelassen. Sein Klient befinde sich auf einer "emotionalen Achterbahn", erklärte Mitchell Garabedian, der Anwalt des mutmaßlichen Opfers.
Kevin Spacey bestreitet die Vorwürfe. Seine Verteidigung plädiert schon länger dafür, dass die Anklage wegen sexueller Nötigung fallen gelassen wird. Verteidiger Alan Jackson nannte den Fall im Juni "lächerlich".
Heftige Reaktionen auf Coming-Out
Als erster war damals der Schauspieler Anthony Rapp ("Star Trek: Discovery") mit Vorwürfen gegenüber Spacey an die Öffentlichkeit gegangen. 1986 habe der Schauspieler den damals 14-Jährigen nach einer Party in seinem New Yorker Apartment auf sein Bett gelegt und sei anschließend auf ihn gestiegen. Rapp habe sich aus Spaceys Umklammerung herausgewunden und die Wohnung fluchtartig verlassen.
Hollywoodstar Spacey twitterte daraufhin zerknirscht, dass er sich an den Vorfall nicht erinnern könne. "Aber wenn ich mich damals so verhalten habe, wie er es beschreibt, dann schulde ich ihm die aufrichtigste Entschuldigung für etwas, das zutiefst unangemessenes betrunkenes Verhalten gewesen wäre."
Gleichzeitig nahm Spacey den Vorfall zum Anlass, sich als homosexuell zu outen: Er habe in seinem Leben Beziehungen zu Männern und Frauen gehabt und nun entschieden, offen als schwuler Mann zu leben.
Die Netzgemeinde, darunter Stars wie die US-Schauspielerin Aimee Carrero oder der US-Schauspieler und Comedian Guy Branum, war sich einig: Spacey hatte einen denkbar schlechten Zeitpunkt für sein Coming-Out gewählt. In Los Angeles und London laufen mittlerweile in weiteren Fällen Ermittlungen gegen den bekannten Schauspieler.
Unterschiedliche Umgangsweise mit Prominenten
Für den einst so beliebten Seriendarsteller und zweifachen Oscar-Preisträger hatten die im Zuge der #MeToo-Debatte erhobenen Vorwürfe schwerwiegende Folgen: Er fiel in der Filmbranche in Ungnade und erlebte einen dramatischen Karriere-Absturz. Unter anderem verlor er seine Hauptrolle in der Netflix-Kultserie "House of Cards" und wurde von Ridley Scott kurz vor Kinostart aus "Alles Geld der Welt" herausgeschnitten.
Andere Prominente machten dagegen weniger rigorose Erfahrungen. Regisseur Woody Allen konnte auch nach wiederholten Missbrauchsvorwürfen trotzdem weiter Filme in Hollywood drehen. Im Fall des R&B-Stars R. Kelly, der weiterhin in Untersuchungshaft bleiben muss, wurde zumindest hitzig debattiert, ob seine Konzerte noch weiterhin stattfinden könnten und seine Musik im Radio laufen dürfe. Michael Jackson - der King of Pop - feierte trotz zweier Prozesse (1993, 2005), in denen Vorwürfe wegen Missbrauchs Minderjähriger gegen ihn erhoben wurden, weiter international Erfolge.
Die Frage, wie mit der Kunst von Menschen umzugehen ist, denen sexualisierte Gewalt vorgeworfen wird und die zwar angeklagt, aber nicht verurteilt sind, wird die Gesellschaft sicher auch in Zukunft beschäftigen.
bb/hm (mit dpa/AFP)