Kerry beendet Verhandlungsmarathon
6. Januar 2014US-Außenminister John Kerry hat trotz fünftägiger intensiver Pendeldiplomatie noch keinen Durchbruch in den Nahost-Friedensverhandlungen erreicht. Kerry reiste am Montag zurück in die USA. Er berichtete zwar über einige Fortschritte bei der Überbrückung der Konflikte zwischen Israelis und Palästinensern, es gelang ihm aber nicht, die Konfliktparteien zur Einigung auf einen Rahmenplan für die bis April vereinbarten Friedensverhandlungen zu bewegen. Weiterhin sind Israel und die Palästinenser uneins über die Details des angepeilten Rahmenabkommens. Zu diesen strittigen Details zählt die Frage, wer das Jordantal an der Ostgrenze eines künftigen Palästinenserstaates kontrolliert. Beide Seiten beanspruchen das für sich.
Seit Donnerstag hatte Kerry stundenlang in getrennten Sitzungen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas seine Ideen für Kompromisslösungen für die Kernprobleme des Nahostkonflikts dargelegt. Am Montag informierte er zum Abschluss Tony Blair über den Verhandlungsstand. Der ehemalige britische Premierminister ist als Sondergesandter des internationalen Nahostquartetts insbesondere mit dem umfangreichen wirtschaftlichen Förderprogramm befasst, das im Falle eines Friedensschlusses in Aussicht gestellt wurde.
Die US-Delegation nannte keine Details zu den diskutierten Vorschlägen. Abseits von Spekulationen in der israelischen und arabischen Presse wurde nur bekannt, dass bei den Treffen vor allem die Sicherung der Außengrenzen eines Palästinenserstaates im Jordantal und der künftige Status von Jerusalem diskutiert wurden.
Diskussion über Rückkehr von Flüchtlingen
Kerry drängte nach einem Bericht der israelischen Tageszeitung "Maariv" den israelischen Regierungschef, der Rückkehr einer begrenzten Zahl palästinensischer Flüchtlinge zuzustimmen. Netanjahu habe dies abgelehnt und seinerseits darauf gedrungen, die Direktverhandlungen noch bis Januar 2015 fortzusetzen. Im Gegenzug werde Israel bis dahin den Siedlungsbau in einigen besetzen Regionen einfrieren.
Während des ersten Nahostkriegs von 1948 waren etwa 700.000 Palästinenser geflohen oder vertrieben worden. Mit ihren Nachkommen beläuft sich die Zahl der registrierten palästinensischen Flüchtlinge heute nach UN-Angaben auf mehr als fünf Millionen. Israel lehnt ihre Rückkehr unter anderem mit der Begründung ab, dass dann die jüdische Mehrheit im Land gefährdet sei.
Am Sonntag besuchte Kerry auch Jordanien und Saudi-Arabien, um sich arabische Rückendeckung für seine Friedensbemühungen zu sichern. Saudi-Arabien habe "begeisterte" Unterstützung für die im Juli wiederaufgenommenen Friedensgespräche geäußert, sagte Kerry nach einem Treffen mit dem saudischen König Abdullah.
"Rückgrat" für Entscheidungen?
Am Montag traf Kerry vor seiner Rückreise in die USA erstmals den israelischen Oppositionsführer Izchak Herzog. Herzog betonte, Ministerpräsident Netanjahu habe im Parlament ausreichend Unterstützung für die Billigung eines Friedensabkommens mit den Palästinensern. "Die Frage ist, ob er das Rückgrat hat, um Entscheidungen zu treffen", sagte Herzog.
Für diese Woche hat sich Kerry, der den Nahen Osten zum bisherigen Schwerpunkt seiner Amtszeit gemacht hat, in den USA zu einem Treffen mit Außenministern der Arabischen Liga verabredet, um weitere Verbündete für seine Ideen zu gewinnen. In der kommenden Woche will er abermals Verhandlungen in Jerusalem und Ramallah führen. Bis Ende Januar möchte er eine Einigung auf das künftige Verhandlungsgerüst durchsetzen und schriftlich festhalten.
Moderate Töne von Lieberman
Für eine Überraschung sorgte unterdessen ein israelischer Hardliner mit einer moderaten Äußerung. Außenminister Avigdor Lieberman empfahl, die Vermittlungsvorschläge Kerrys zu akzeptieren, wie israelische Medien am Montag berichteten. "Wir müssen verstehen, dass jedes andere Angebot, das wir von der internationalen Gemeinschaft bekommen, viel schlechter für uns sein wird", sagte er. "Wir werden keinen besseren Vorschlag bekommen", betonte der Vorsitzende der ultrarechten Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel).
kle/qu (dpa, afp, rtre)