Kenia und Russland am Dopingpranger
12. Mai 2016Kenia sei "nicht regelkonform mit dem Anti-Doping-Code", erklärte die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) nach Beratungen des Revisionskomitees in Montreal in Kanada. "Die Gesetzgebung ist nicht in Übereinstimmung mit dem Code", erklärte René Bouchard, Präsident des Komitees. Dem ostafrikanischen Land droht jetzt der Ausschluss von den bevorstehenden Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro. Diese Entscheidung kann jedoch nur das Internationale Olympische Komitee (IOC) treffen.
Zu wenig Kontrollen, kein Labor
Mehrfach hatte Kenia Fristen der WADA verstreichen lassen, bis zu denen das Land umfassende Reformen im Kampf gegen Doping in die Wege geleitet haben sollte. Der Läufernation wird seit Jahren vorgeworfen, weder ausreichend Doping-Kontrollen durchzuführen, noch ein funktionsfähiges Anti-Doping-Labor zu unterhalten. Seit 2012 sind mehr als 40 kenianische Leichtathleten wegen Dopings gesperrt worden, darunter auch die dreimalige Siegerin des Boston-Marathons, Rito Jeptoo. Derzeit sind drei führende Funktionäre des kenianischen Leichtathletikverbandes AK suspendiert. Ihnen wird vorgeworfen, den Anti-Doping-Kampf in ihrem Land behindert sowie Sponsorengelder veruntreut zu haben. AK-Geschäftsführer Isaac Mwangi soll zudem versucht haben, des Dopings überführte Athleten zu erpressen.
Um dem drohenden Olympia-Aus zu entgehen, hatte Staatspräsident Uhuru Kenyatta vor drei Wochen ein Anti-Doping-Gesetz unterzeichnet, das Haftstrafen von bis zu drei Jahren vorsieht. Kenia war bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2015 mit 16 Medaillen, davon siebenmal Gold, erstmals erfolgreichste Nation.
15 russische Medaillengewinner von Sotschi angeblich gedopt
Nicht nur Kenias, auch Russlands Leichtathleten droht der Ausschluss von den Spielen in Rio. Im November 2015 war der russische Leichtathletikverband vorläufig aus dem Weltverband IAAF ausgeschlossen worden, nachdem ARD-Reporter systematisches Doping in dem Land nachgewiesen hatten.
Neue Dopingvorwürfe gegen Russland erhob jetzt die "New York Times". Nach ihren Recherchen wurde vor den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi mit staatlicher Unterstützung gedopt. Mehrere Dutzend russische Wintersportler, darunter mindestens 15 Medaillengewinner, seien bei den Spielen gedopt an den Start gegangen. Die Zeitung beruft sich dabei auf den ehemaligen Leiter des Anti-Doping-Labors in Moskau, Gregori Rodtschenkow. Der habe gegenüber der "New York Times" zugegeben, in nächtlichen Aktionen die Dopingpraktiken vertuscht zu haben, indem er Urinproben ausgetauscht habe.
Das Doping, so Rodtschenkow, sei auf Anweisung des russischen Sportministeriums weit im Vorfeld der Spiele minuziös geplant worden. Er habe sich in den sechs Monaten vor Olympia mindestens wöchentlich mit einem Vertreter des Ministeriums getroffen. Während der Spiele habe er dann jeden Abend eine Liste mit Athleten erhalten, deren Dopingproben ausgetauscht werden müssten. Bereits im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 2012 in London hat Rodtschenkow nach eigenen Worten für russische Sportler einen Mix aus drei verschiedenen Dopingmitteln entwickelt. Dieser Cocktail sei auch in Sotschi eingesetzt worden.
Russlands Sportminister Mutko: "Verschwörung"
Namentlich genannt wurden in dem Bericht Bob-Doppel-Olympiasieger Alexander Subkow, Skilanglauf-Goldmedaillengewinner Alexander Legkow und Skeleton-Olympiasieger Alexander Tretjakow. Zudem sei unter anderem das gesamte Frauen-Eishockey-Team Russlands gedopt gewesen. Sportminister Witali Mutko wies die Anschuldigungen zurück und sprach gegenüber der Nachrichtenagentur Tass von einer Verschwörung: "Schon wieder wird der russische Sport attackiert. Es ist so, als würden sich ausländische Medien den Staffelstab in die Hand geben." Zuvor hatte bereits der US-Fernsehsender CBS berichtet, bei den Spielen in Sotschi seien mindestens vier russische Olympiasieger mit Steroiden gedopt gewesen.
sn (sid, dpa)