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"Keine weiteren Bedingungen"

Bernd Riegert 25. September 2004

Die türkische Strafrechtsreform und der geplante Ehebruch-Paragraf hatten in den letzten Wochen die Gemüter in Brüssel und Ankara erhitzt. Nach einem Spitzengespräch in Brüssel sind jetzt alle Bedenken ausgeräumt.

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Gegen den Ehebruchparagrafen haben nicht nur türkische Frauen protestiertBild: AP
Recep Tayyip Erdogan und Günter Verheugen in Brüssel
Handelseinig: Recep Tayyip Erdogan und Günter Verheugen in BrüsselBild: AP

"Die Zusicherungen, die ich von meinem Freund und Premierminister Erdogan erhalten haben, erlauben es mir, eine sehr klare Empfehlung abzugeben", sagte EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen am Donnerstag in Brüssel. Dieser "sehr klaren Empfehlung" vorausgegangen waren tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten über die Strafrechtsreform in der Türkei.

Die Absicht der Regierungspartei AKP, Ehebruch wieder unter Strafe zu stellen, hatte bei der EU Zweifel am Reformwillen des Landes aufkommen lassen. Günter Verheugen hatte die Verabschiedung der Strafrechtsreform zur unverzichtbaren Bedingung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gemacht. Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan hingegen hatte sich jedwede Einmischung in innere Angelegenheiten verbeten.

Versöhnlich-unkonkrete Aussagen

Inzwischen hat die Erdogan offensichtlich wieder beruhigt, denn in Brüssel schlug er moderate Töne an und nannte Verheugen einen "guten Freund". Erdogan sicherte zu, die Türkei werde die ausstehende Strafrechtsreform verabschieden. "Es ist uns sehr ernst damit, die fehlenden Gesetzespakte zu beschließen. Wir stellen jetzt einen Fahrplan dafür auf und ändern unseren Kalender", ließ Erdogan wissen. "Wir sind wirklich sehr entschlossen in dieser Frage." Weitere Einzelheiten nannte er jedoch nicht. Die Beratung über die Strafrechtsreform soll nach Angaben des türkischen Staatsministers Mehmet Aydin am kommenden Sonntag im Parlament fortgesetzt werden.

Es kann noch dauern

Günter Verheugen wies erleichtert daraufhin, dass auch eine zweite Sorge ausgeräumt werden konnte: Ein Experte der EU habe bei einer Reise durch die Türkei nicht feststellen können, dass in Gefängnissen immer noch systematisch gefoltert werde. Diesen Vorwurf hatten Menschenrechtsgruppen bei Verheugens Besuch in der Türkei vor zwei Wochen erhoben. "Meiner Meinung nach gibt es keine weiteren Bedingungen, die Türkei erfüllen müsste, um der Kommission zu ermöglichen, eine Empfehlung abzugeben", erklärte Verheugen.

In Brüssel geht man davon, aus dass die Empfehlung der EU-Kommission positiv ausfallen wird - auch wenn es einzelne Kommissare gibt, die Bedenken angemeldet haben, weil sie glauben, dass die EU durch einen Beitritt der Türkei überlastet würde. Agrar-Kommissar Franz Fischler hatte davor gewarnt, dass die EU 14 Milliarden EURO Agrarbeihilfen jährlich nach Ankara überweisen müsste. Der tatsächliche Beitritt der Türkei nach Abschluss der Verhandlungen wäre ohnehin erst in zehn oder zwölf Jahren zu erwarten.