Keine Blutprofile im Profifußball
16. August 2013Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat seine Strategie im Anti-Doping-Kampf erneut verteidigt. Eine Erweiterung der geplanten Blutkontrollen mit dem Ziel der Erstellung von Blutpässen wird es, zumindest vorerst, nicht geben. Diese Linie vertritt der Teamarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Dr. Tim Meyer, in einem DFB.de-Interview. Der Professor für Sport- und Präventivmedizin an der Universität des Saarlandes wird die deutsche Elf im kommenden Sommer - wenn denn die WM-Qualifikation gelingt - in Brasilien ärztlich betreuen.
"Da wir überhaupt keine Hinweise auf eine Verbreitung von ausdauerwirksamen Dopingmethoden im deutschen Fußball haben, auch nicht vom Hörensagen oder durch andere Indizien, erscheinen uns aktuell die Blutprofile mit der Notwendigkeit häufiger Blutentnahmen nicht verhältnismäßig", sagte Meyer. Blutprofile, wie sie im Radsport oder in der Leichtathletik üblich seien, würden "ausschließlich auf Ausdauer-Doping, also auf EPO oder Blutdoping abzielen", hob der 45-Jährige hervor. "Uns scheinen aber anabol wirksame Substanzen nach wie vor die im Fußball wahrscheinlichste Klasse von Dopingmitteln, die eingesetzt werden könnten."
Urin der beste Nachweis
In der laufenden Saison werden erstmals durch die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) 15 Prozent der zirka 500 Trainingskontrollen als Bluttests durchgeführt. Diese deckten "eine Lücke ab, die vorher bestand", sagte Meyer: "Nun ist ein Nachweis von Wachstumshormonen und EPO-Nachfolgeprodukten sowie Blutdoping möglich." Urin sei aber weiterhin "für den weitaus größten Anteil der Substanzen auf der Dopingliste das beste Nachweismedium".
Der Sportarzt wehrte sich gegen die Behauptung, dass "Blutkontrollen den Urinproben generell überlegen" seien. Dennoch werde überlegt, "vielleicht in einigen Jahren einen größeren Anteil von Urin- auf Blutproben" umzustellen. "Die Spieler würden es begrüßen. Auf Urin muss man manchmal quälend lange warten. Blut gibt's gleich", meinte Meyer.
Anzahl der Tests ausreichend
Auch auf die oft als zu gering kritisierte Gesamtzahl der Doping-Tests ging der Mediziner ein. Meyer verteidigte die 2200 Urin- und Blutkontrollen pro Saison: "Durch den engen Fußball-Kalender sind Wettkampfkontrollen immer auch ein wenig Kontrollen der letzten Trainingstage. Das mag bei einem Radfahrer, Schwimmer oder Leichtathleten mit weniger Wettkämpfen und längeren Trainingsphasen anders zu werten sein." Der unverletzte Profifußballer stehe "jedenfalls jede Woche im Wettbewerb, die Nationalspieler in den Spitzenklubs oft dreimal binnen acht Tagen", betonte er.
Als jemand, "der gewiss engen Kontakt zur Sportartpraxis hat, sehe ich keine Anhaltspunkte dafür, dass im deutschen Profifußball in relevantem Umfang gedopt wird", sagte der DFB-Teamarzt. "In einfacher aufgebauten Disziplinen, beispielsweise in den reinen Ausdauer- und den Kraftsportarten, werden durch Doping wesentlich größere sportartspezifische Leistungseffekte erzielt, als es im Fußball möglich wäre. Insofern ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis für potenzielle Doper im Fußball ungünstiger. Aber natürlich wäre es falsch zu behaupten, Doping sei im Fußball ohne Effekt."