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Kein Bruch im Tandem Putin - Medwedew

23. März 2011

Die vermeintliche Kontroverse über den westlichen Libyen-Einsatz sagt wenig über die Zukunft des Tandems aus, meint Ingo Mannteufel. Vielmehr tritt nun der eigenartige Zustand der russischen Politik zutage.

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Symbolbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Es ist schon etwas eigenartig: Da distanziert sich der russische Präsident Dmitri Medwedew von der Wortwahl seines Ministerpräsidenten Vladimir Putin über den westlichen Militäreinsatz in Libyen und schon beginnt eine neue Runde in der beliebten Frage, ob das Tandem Medwedew-Putin Risse hat. Dabei ist es doch nicht so überraschend, wenn sich zwei führende regierende Politiker eines Landes in der Wortwahl und damit in der Akzentuierung der politischen Botschaften etwas unterscheiden.

Rollenverteilung

Ingo Mannteufel, Programm Osteuropa, Russische Redaktion (Foto: DW/Per Henriksen)
Ingo Mannteufel, Leiter der Russischen Redaktion der Deutschen WelleBild: DW

Das gilt erst recht, wenn die umstrittene Wortwahl zu den jeweiligen Charakteren und Situationen passt: Der russische Ministerpräsident Putin ist seit langem für seine Neigung bekannt, auch mal deftige Sprüche zu klopfen. Sein Image verpflichtet ihn schon fast dazu. Sollte es uns daher überraschen, wenn Putin sich vor den Arbeitern einer russischen Rüstungsfabrik für die Steigerung russischer Verteidigungsausgaben ausspricht und dabei zur Begründung den westlichen Militäreinsatz gegen Gaddafi als „Kreuzzug“ bezeichnet? Das ist doch wirklich nichts Neues oder Außergewöhnliches, zumal der russische Ministerpräsident keine direkte außenpolitische Verantwortung trägt und sagen kann, was er will.

Im selben Sinne überrascht auch nicht die Reaktion des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew. Selbstverständlich kann der oberste russische Außenpolitiker Medwedew nicht am Freitag seinen UN-Botschafter zur Enthaltung bei der Stimmabgabe anweisen und wenige Tage später den westlichen Militärschlag als „Kreuzzug“ bezeichnen. Während Putin vor russischen Rüstungsarbeitern sprach, muss Medwedew bei seiner Wortwahl die Reaktionen der internationalen politischen Gemeinschaft bedenken. Da ist Medwedew mittlerweile erfahren genug, um hier keine Fehler zu machen. Selbst wenn er die Unzufriedenheit Putins mit dem westlichen Vorgehen teilen dürfte.

Letztendlich dürften auch beide wissen, dass der Vergleich mit den christlichen Kreuzzügen gegen die Muslime im Mittelalter für die aktuelle Situation in Libyen mehr als unpassend ist. Schließlich geht es darum, zu verhindern, dass ein Diktator in einem Bürgerkrieg seine ebenfalls muslimischen Landsleute massakrieren lässt.

Eigenartige Konstruktion

Spannend an dieser Episode der russischen Politik ist also weniger das Gesagte selbst, als vielmehr die darum entstehende Diskussion. Denn sie betrifft den eigenartigen Zustand der russischen Politik im Jahr 2011: Putin wird von allen immer noch als der mächtigste russische Politiker angesehen, selbst als Ministerpräsident. Darunter leidet das Ansehen des von ihm erwählten Nachfolgers im Präsidentenamt, der verfassungsrechtlich die höchste Macht im Staate besitzt. Diese eigenartige Konstruktion ist das Ergebnis einer Entscheidung Putins, die Macht nicht aus den Händen zu geben, aber 2008 auch nicht die Verfassung zu brechen und verfassungswidrig eine 3. Amtszeit in Folge anzustreben. Da nun in einem Jahr erneut Präsidentenwahlen anstehen, stellt sich die Frage, ob Putin ins Präsidentenamt zurückkehren wird. Bislang scheint man im Kreml und im Weißen Haus, dem Sitz der russischen Regierung, noch keine Entscheidung getroffen zu haben.

Die Frage wird sicherlich auch noch nicht so schnell beantwortet, denn eine frühe Antwort würde einen der beiden – Putin oder Medwedew – sehr schnell zu einer „lahmen Ente“ machen. Das ist nicht im Interesse der beiden. Mit einer Entscheidung ist also frühestens im Spätherbst zu rechnen. Bis dahin wird auch noch viel spekuliert werden. Nur eins ist sicher: Die Wortwahl zur Bezeichnung des westlichen Einsatzes gegen Gaddafi wird bei dieser zentralen Frage der russischen Politik keine Rolle spielen.

Autor: Ingo Mannteufel

Redaktion: Birgit Görtz