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Politik

"Ihre Geschichte ist unsere Geschichte!"

Michael Knigge tl
28. September 2018

Während der Anhörung von Brett Kavanaugh protestieren Hunderte Demonstranten in Washington. Sie unterstützen Christine Blasey Ford und fordern ein Ende der Kultur des Verschweigens sexueller Übergriffe in den USA.

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USA Proteste gegen Kavanaugh in Washington
Bild: DW/M. Knigge

Es ist ein verregneter Herbsttag in Washington. Dunkle Wolken hängen über dem Capitol Hill, als sich Hunderte von Demonstranten von hier aus auf den Weg machen, um durch die Straßen von Washington zum Obersten Gerichtshof zu marschieren. Dorthin, wo Brett Kavanaugh in den nächsten Tagen seine Arbeit aufnehmen könnte. Als einer der Obersten Richter, auf Lebenszeit - wenn er denn vom Senat bestätigt wird.

Genau das aber wollen die Demonstranten verhindern. Sie halten rote und weiße Nelken, schwenken handgeschriebene Plakate und schreien ihren Protest in den immer stärker werdenden Regen hinaus - und ihre Unterstützung für Christine Blasey Ford, die Psychologieprofessorin, die schwere Anschuldigungen gegen Kavanaugh erhebt. Er soll versucht haben, sie zu vergewaltigen, vor Jahrzehnten auf einer Party, als beide noch zusammen zur High School gingen.

USA Proteste gegen Kavanaugh in Washington
Emiliy Paterson ist aus Virginia angereist, um gegen Kavanaugh zu demonstrierenBild: DW/M. Knigge

Auch Emily Paterson trotzt den Wassermassen, die mittlerweile in kleinen Bächen die Stufen des Obersten Gerichtshofs herunterfließen. Sie ist extra aus Virginia angereist, jetzt, da Blasey Ford nur wenige Meter entfernt gerade vor dem Senatsjustizkomitee aussagt.

"Ihre Geschichte ist auch unsere Geschichte"

"Ihre Geschichte ist auch unsere Geschichte," sagt Paterson. "Auch ich bin als Teenagerin sexuell belästigt worden, und ich kenne so viele andere Frauen, denen das gleiche passiert ist. Das ist ein Thema, über das die meisten Menschen einfach nicht sprechen wollen." Was Blasey Ford durchgemacht habe und nun an die Öffentlichkeit bringe, habe viel in ihr und in Millionen anderer Frauen ausgelöst, sagt Paterson. "Wir sind hier, um Christine Blasey Ford zu unterstützen und ihr zu zeigen: 'Du bist nicht allein!'".

Brett Kavanaugh Anhörung vor dem US-Senat wegen Missbrauchsvorwürfen
Die Anhörung von Kavanaugh zeigt, wie tief der Riss ist, der durch die US-amerikanische Gesellschaft geht.Bild: Reuters/M. McClain

Paterson sagt, wie wichtig es sei, dass man in einer solchen Situation nicht alleingelassen werde, und dass es Menschen gebe, die einem Glauben schenken. Sie selbst hatte sich damals ihren eigenen Eltern anvertraut, die ihr glaubten und sofort einige Anwälte einschalteten. Doch die hätten der Familie dringend davon abgeraten, vor Gericht zu ziehen. Sie habe keine Beweise, ihr würde nicht geglaubt und ihr Leben würde ruiniert werden. Und so wurde keine Anklage gegen den Täter erhoben. "Er ist einfach so davongekommen", sagt Paterson.

Paterson war auch auf der Universität von Yale, der selben Elite-Uni, auf der auch Kavanaugh seinen Abschluss machte, wenn auch nicht zur selben Zeit. Sie beschreibt auch, wie frauenfeindlich die dortige Studentenverbindung DKE gewesen sei, zu der auch der mögliche neue Oberste Richter gehörte.

"Gang und gäbe in Elite-Unis"

Die Bruderschaft rückte in schlechtes Licht, nachdem das Magazin New Yorker Behauptungen einer zweiten Frau, Deborah Ramirez, veröffentlicht hatte, die Brett Kavanaugh des sexuellen Fehlverhaltens bezichtigte. Der Bericht schlug international hohe Wellen, doch für Paterson waren die Enthüllungen nicht überraschend. "Ich habe die Rape Culture in Yale selbst mitbekommen, dieses Klima, in dem sexuelle Übergriffe einfach totgeschwiegen wurden", sagt Paterson. Die DKE sei besonders schlimm gewesen. "Um deren Partys machten wir immer einen großen Bogen, weil wir wussten, wie gefährlich sie waren. Aber unter den weißen Jungs aus der Oberschicht ist das auf allen Elite-Unis gang und gäbe," sagt sie. "Für uns Frauen ist das keine Überraschung. Es ist nur eine Überraschung, dass jetzt darüber berichtet wird."

Yale Universität
Gibt es eine Kultur des Verschweigens und Vertuschens sexueller Übergriffe in der Elite-Uni von Yale?Bild: picture alliance/AP Photo/P. Eaton-Robb

Paterson will, dass sich endlich das FBI einschaltet. Dass die Bundespolizei den Vorwürfen gegen Kavanaugh nachgeht. Denn die bisherige Anhörung, sagt sie, "war eine Farce". Sollte Kavanaugh tatsächlich bestätigt werden, wäre das für sie ein "vernichtender Schlag". "Aber die Wahlen im November kommen und wir werden uns unser Land zurückholen", sagt Paterson. "Wir Frauen haben genug. Wir sind es wirklich leid, dass uns nicht geglaubt wird. Aber es macht Hoffnung zu sehen, dass da was ins Rutschen kommt, dass die Gesellschaft sich ändert."