Katerstimmung zwischen Pjöngjang und Washington
18. April 2019Die Signale, die Nordkorea am Donnerstag an die USA gesendet hat, sind nicht weniger als eine diplomatische Ohrfeige: Zunächst forderte ein hochrangiger Regierungsbeamter des Pjöngjanger Außenministeriums, die Amerikaner müssten bei den bilateralen Verhandlungen Mike Pompeo durch jemanden "Reiferen" ersetzen. Der US-Außenminister würde sich "grob fahrlässig äußern" und "Geschichten wie ein Schriftsteller erfinden", so wird der Parteikader Kwon Jong Gun laut der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA zitiert: "Ich fürchte, falls Pompeo wieder an den Gesprächen teilnimmt, werden diese erneut miserabel laufen und sich verheddern."
Nur wenige Stunden zuvor hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un dem Test einer "taktischen Waffe" beigewohnt. Diese könne laut KCNA einen "mächtigen Sprengkopf" transportieren und sei "von sehr großer Bedeutung, um die Kampfkraft der Volksarmee zu vergrößern." Genauere Angaben zum Waffentyp machte das Propagandaorgan jedoch nicht. Es handelt sich um den ersten Test, seit das Gipfeltreffen Ende Februar in Hanoi zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump ohne Einigung vorzeitig beendet wurde.
Aktivitäten auf Atomgelände
Was bedeutet dies für die Abrüstungsverhandlungen, die bis dato - trotz eines symbolisch vielversprechenden Starts - nie wirklich konkret geworden sind? Der Waffentest an sich scheint vor allem symbolischer Natur. Zwar rätseln Experten bislang noch um die Beschaffenheit der getesteten Waffe, doch die Bezeichnung "taktisch" deutet auf eine Kurzstreckenrakete hin. Ein weiterer Indikator: Seismologisch wurde keine Sprengladung registriert. Ein Atomtest ließe sich kaum unbemerkt von der Weltöffentlichkeit durchführen.
Der Nordkorea-Experte Joel Witt von der Washingtoner Denkfabrik Stimson Center bringt es auf Twitter überspitzt auf den Punkt: "Kim Jong Un testet eine neue Handfeuerwaffe. Was bedeutet das also für die Verhandlungen über Atomabrüstung?"
Doch ganz so leicht sollte man es sich nicht machen: Das nordkoreanische Regime macht deutlich, dass es mit der Verhandlungsstrategie der US-Regierung nicht zufrieden ist. Dazu passen auch Satellitenbilder von Mittwoch, die neue Aktivitäten auf dem nordkoreanischen Atomgelände Yongbyon belegen. Laut Auswertung des Washingtoner Zentrums für strategische und internationale Studien halten sich fünf Triebwagen in der Nähe der Urananreicherungsanlage und des Labors für Radiochemie auf. Dies könnte auf Vorbereitungen zu einem Atomtest hindeuten.
Kim wird in Russland erwartet
Eine Rückblick: Die Verhandlungen in Hanoi sind vor allem an den unüberwindbaren Differenzen zwischen den Antagonisten gescheitert. Nordkorea fordert von den USA schrittweise Konzessionen in Form von Sanktionslockerungen. Die USA hingegen wollen zunächst den ganz großen Wurf sehen: Kim solle zumindest substanzielle Teile seines Atomprogramms abbauen, um seine Aufrichtigkeit unter Beweis zu stellen.
Südkoreas Regierung versucht sich trotz der Widrigkeiten zunehmend als Mediator zwischen Pjöngjang und Washington mit einzubringen. Präsident Moon Jae In hatte zuletzt erklärt, er würde Kim Jong Un - unabhängig vom Ort und formellen Prozedere - zu einem vierten Gipfel treffen wollen. Gleichzeitig lud er Trump bei seinem Washington-Besuch ebenfalls dazu ein, sich mit Nordkoreas Staatsoberhaupt zu treffen. Trump lehnte zwar nicht grundsätzlich ab, doch hielt den derzeitigen Zeitpunkt für "falsch".
Nun richten such auch Hoffnungen auf Russland, dass diese die festgefahrene Situation entschärfen könnten: Mehrere Medien haben berichtet, dass Kim Jong Un nächste Woche erstmals Staatspräsident Wladimir Putin einen Besuch abstatten werde. Südkoreas öffentlich-rechtlicher Rundfunk KBS geht davon aus, dass das Treffen am 24. April stattfinden wird.