Katastrophale Lage nach Zyklon "Idai"
24. März 2019Die Zahl der Todesopfer in Mosambik ist auf mindestens 446 gestiegen. 110.000 Menschen seien in Notunterkünften untergekommen, teilte Umweltminister Celso Correia mit. Die UN-Angaben zu der Totenzahl im benachbarten Simbabwe schwankten zwischen 259 und 154. In Malawi kamen mindestens 56 Menschen um.
Noch hätten die Hilfsorganisationen gerade erst begonnen, das Ausmaß der Zerstörung zu erfassen, erklärte Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore bei einem Besuch in Beira. Ganze Dörfer stünden unter Wasser. Schulen, Gesundheitszentren und andere Gebäude seien niedergerissen worden. Der Zyklon und die Überschwemmungen hätten eine Fläche von rund 3000 Quadratkilometern zerstört.
Sorge wegen starker Regenfälle
Umweltminister Correia beschrieb die Lage am Samstag als noch immer kritisch. Aber sie bessere sich etwas, denn die Helfer könnten inzwischen leichter in die betroffenen Landesteile vordringen. Am Samstag sind neun Experten des Technischen Hilfswerks (THW) aus Deutschland zu einem Einsatz in das Katastrophengebiet aufgebrochen. Sie wollen in Mosambiks schwer verwüsteter Hafenstadt Beira zwei Anlagen zur Aufbereitung von Wasser in Betrieb nehmen. "Die Lage in Beira ist katastrophal, die Notversorgung an Trinkwasser für die betroffenen Menschen lebenswichtig", sagte THW-Vizepräsident Gerd Friedsam.
Auch in Malawi bleibt die Lage angespannt. "Das Wasser kann nicht mehr abfließen, kleinere Straßen sind unpassierbar, was wiederum die Hilfsmaßnahmen erschwert", sagte der Landesdirektor der Welthungerhilfe Johannes Kaltenbach in der Hauptstadt Lilongwe. Das Problem sei die "letzte Meile", wenn es auf unbefestigten Pisten in die Dörfer gehe, sagte er. "Da hilft manchmal nur noch der Hubschrauber." Beim Zyklon selbst, der vor über einer Woche in Mosambik auf Land traf, sei Malawi vergleichsweise glimpflich davongekommen, sagte Kaltenbach. Große Sorgen bereiteten den Menschen dagegen Starkregenfälle, die bereits Anfang März einsetzten.
In Simbabwe haben die Behörden wegen der starken Regenfälle begonnen, den Ort Chimanimani zu evakuieren. Ein nahegelegender Damm drohe zu brechen, erklärten die Behörden. "1000 Familien sind in Gefahr", sagte der zuständige Einsatzleiter.
"Nur noch verfaulte Stängel auf den Feldern"
"In einem Monat hätte die Ernte beginnen sollen", so Kaltenbach. "Zu diesem Zeitpunkt haben die meisten Kleinbauern ihren Vorrat von der vergangenen Saison aufgebraucht." Nun aber seien die Speicher leer und könnten nicht wieder aufgefüllt werden, weil der Großteil der neuen Ernte durch die Fluten vernichtet wurde. "Da stehen jetzt nur noch verfaulte Stängel auf den Feldern."
Am dringendsten würden aktuell Nahrungsmittel benötigt, so der Vertreter der Welthungerhilfe. "Mit ein, zwei Wochen Nothilfe wird es nicht getan sein." Vermutlich werde bald ein mehrmonatiges Nahrungsprogramm anlaufen, gefolgt von Wiederaufbaumaßnahmen. "Das wird uns noch eine Weile beschäftigen", sagte Kaltenbach.
Auch das UN-Welternährungsprogramm (WFP) ist dabei, seine Nothilfe stark auszuweiten. Die Dimension der Katastrophe sprengt die schlimmsten Befürchtungen. 1,8 Millionen Menschen sind nach UN-Angaben in Mosambik, Simbabwe und Malawi betroffen, darunter eine Millionen Kinder. 600.000 wurden vertrieben. Ein Risiko sind Krankheiten, die sich in Überschwemmungsgebieten mit wenig Toiletten und Mangel an sauberem Trinkwasser schnell ausbreiten können. Dem Internationalen Roten Kreuz zufolge gab es in Beira inzwischen erste Fälle von Cholera. Minister Correia kündigte den Aufbau eines Behandlungszentrums an, um eine Ausbreitung der Krankheit zu vermeiden.
Erste Erfolge
In Beira konnten Teile der beschädigten Strom- und Wasserversorgung mittlerweile wieder instandgesetzt werden, wie die Zeitung "O País" berichtete. Auch seien vom Wasser weggespülte Abschnitte wichtiger Verbindungsstraßen von und nach Beira provisorisch repariert worden. Der Flughafen habe den vollen Betrieb wieder aufgenommen und sich zum Anlauf-Zentrum von Helfern und Journalisten entwickelt, weil es dort Strom und Internet gebe.
Der Wirbelsturm war mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 170 Stundenkilometern und starken Regenfällen über die südafrikanische Region hinweggefegt und hatte eine Spur der Zerstörung hinterlassen. Die UN sprachen von der möglicherweise bislang schlimmsten Unwetterkatastrophe in der südlichen Hemisphäre.
pgr/kle (rtr, dpa, kna)