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Politik

Katalanen wollen doch keine Neuwahlen

Mariel Müller
26. Oktober 2017

Der katalanische Regierungschef Puigdemont hat einer vorgezogenen Wahl des Regionalparlaments eine Absage erteilt. Der Grund: Er habe keine Garantien dafür, dass die Zwangsmaßnahmen aus Madrid dann ausblieben.

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Spanien Katalonien Carles Puigdemont im Parlament in Barcelona
Carles Puigdemont im Parlament von BarcelonaBild: Reuters/A. Gea

Er habe über die Möglichkeit von Neuwahlen nachgedacht, sich dann aber dagegen entschieden, sagte Carles Puigdemont in einer Fernsehansprache in Barcelona. Er könne sich nicht sicher sein, dass die angedrohten Maßnahmen, die die spanische Zentralregierung angekündigt hatte, vermieden werden könnten. Das katalanische Regionalparlament solle nun über das weitere Vorgehen entscheiden, sagte der Regierungschef. Und das entschied zwar nicht, aber diskutierte angeregt. Ursprünglich sollten die Abgeordneten zusammenkommen, um über die Antwort Barcelonas auf die Einleitung von Zwangsmaßnahmen durch die Zentralregierung in Madrid zu entscheiden. Aber nach der Rede Puigdemonts hatte sich die Agenda geändert.

"Monologe halten, das können sie gut..."

Dieser hatte den Tag über sein Lieblingsspiel gespielt: Katz und Maus. Mit den Medien, den protestierenden Studenten vor dem Präsidentenpalast, mit der Opposition. Er habe Angst, sich Debatten zu stellen, wirft ihm die Oppositionsführerin Inés Arrimadas im Parlament vor. ″Monologe halten, das können Sie gut, so wie heute. Aber ausgerechnet den Dialog, den Sie immer fordern, wollen Sie nicht führen.” Die Opposition habe ihn schon 15 Mal zu Gesprächen eingeladen, um über ″das katalanische Problem” zu sprechen. ″Und wissen Sie, wie oft Sie das Angebot angenommen haben? Kein Mal!” Arrimadas spricht unkonventionell, attackiert scharf, ohne störende Schachtelsätze. Ganz anders als Puigdemont. Er ist für seine umständliche Ausdrucksweise bekannt.

Während der Reden der Opposition sitzt er still da, schaut und hört zu, lacht manchmal belustigt auf, wenn er kritisiert wird. Und das wird er nicht zu knapp.

"Nicht einmal 'Der Prozess' ist so kafkaesk wie das, was Sie hier machen"

Arrimadas ist noch längst nicht fertig. "Nicht einmal 'Der Prozess' ist so kafkaesk wie das, was Sie hier machen", schleudert sie Puigdemont entgegen. ″Ist das etwa normal, was heute passiert ist, diese Peinlichkeit? Wir verlieren doch jede Glaubwürdigkeit auf internationaler Ebene. Das können Sie den Katalanen doch nicht antun."

Spanien Katalonien Ines Arrimadas Partei Ciudadanos
Inés Arrimadas wird zur Gegenspielerin von Puigdemont in BarcelonaBild: picture-alliance/Zuma/J. Boixareu

Was war passiert? Puigdemont hatte seine Ansprache für den Mittag angesetzt, sie erst um eine Stunde verschoben, dann ganz abgesagt, um sie Stunden später doch noch zu halten.

Dieses Hin und Her legt die tiefen Risse innerhalb seiner Regierung offen: Die PDeCat (Katalanische Europäische Demokratische Partei), der er angehört, ist in zwei Lager gespalten. Der moderate Teil hatte Puigdemont bis kurz vor dem ersten angesetzten Termin der Rede dazu gedrängt, vorgezogene Regionalwahlen auszurufen. Die Hardliner in der Partei forderten Unabhängigkeit um jeden Preis.

Als dann mehrere katalanische Medien berichteten, Puigdemont habe sogar schon ein Datum, den 20. Dezember, festgelegt und als kurz darauf die Rücktritte zweier Abgeordneten und Parteikollegen Puigdemonts bekannt wurden, war die Verwirrung perfekt. Einer von ihnen, der Bürgermeister einer Stadt im Norden Kataloniens, begründete seinen Schritt damit, Neuwahlen und keine Unabhängigkeitserklärung nicht akzeptieren zu können. Via Twitter teilte Albert Batalla mit: "Respekt gegenüber der Entscheidung, aber ich teile sie überhaupt nicht."
 

Spanien Katalonien Carles Puigdemont im Parlament in Barcelona
Wohin marschiert Puigdemont und wer unterstützt ihn noch?Bild: Reuters/A. Gea

Es waren wohl mehrere Faktoren, die den Katalanen-Präsidenten letzten Endes doch wieder umschwenken ließen: Der harte, kompromisslose Teil seiner Koalition gewann schließlich. Ergebnis: keine vorgezogenen Regionalwahlen. Noch nicht.

"Die Tür ist noch nicht zu"

Xavier García Albiol, der Präsident des katalanischen Ablegers der Regierungspartei PP des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, ist normalerweise kein zurückhaltender Redner, wenn um Kritik an den Unabhängigkeitsbefürwortern geht. Trotzdem wirkt er anfangs ein bisschen ratlos. Seine Partei sei nicht in der Lage zu ersehen, wie es in den kommenden Stunden weitergehen soll. All diese Terminverlegungen hätten ihn und alle anderen verwirrt. "Ich bin absolut davon überzeugt, dass niemand, auch bei Ihnen, weiß, wie es weitergeht", sagt Albiol. Und mit dieser Ahnungs- und Planlosigkeit werde es auch weitergehen.

Aber Puigdemont bliebe noch eine allerletzte Möglichkeit: "Ich bitte Sie, kommen Sie morgen zu Senat und sprechen und argumentieren Sie vor allen - jenen die Sie unterstützen und jenen, die ihre Meinung nicht teilen." Albiol biete sogar an, ihn persönlich zu begleiten. "Ich werde die ganze Fahrt auf Sie einreden und Sie darum bitten, endlich zur Ruhe zu kommen."

Tauziehen um Katalonien

An diesem Freitag will die spanische Regierung vom Senat unter anderem die Ausrufung von Neuwahlen in Katalonien absegnen lassen. Dies, sowie die Entmachtung der Regierung Puigdemont, hatte der spanische Ministerpräsident Rajoy am vergangenen Samstag als Antwort auf die drohende Abspaltung Kataloniens verkündet. Damit wendet Rajoy erstmals den Verfassungsartikel 155 an, mit dem "aufrührerischen Regionen" die Autonomie entzogen werden kann.

 

Mariel Müller, DW Ostafrika-Büroleiterin
Mariel Müller Studioleiterin Ostafrika@_MarielMueller