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Karnevalsorden und Kommerz

11. Februar 2010

Karnevals-Orden gehören zum Sitzungskarneval wie abenteuerliche Kostüme zum Straßenkarneval. Und das Geschäft mit den Orden ist nicht zu verachten. Denn die Orden haben ihren Preis.

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Karnevalsorden der DW von der Firma Schilder-Express Kappes in Köln (Foto: DW, Klaus Jansen)
Karnevalsorden der DWBild: DW/Jansen

Vor allem im Sitzungskarneval tauchen immer wieder schöne, bunte Schmuckstücke auf, die von den Jecken an langen Bändern um den Hals getragen werden: Die Karnevalsorden. Es gibt sie in allen möglichen Formen und Farben, mal mit ganz klassischen Bildern wie Clowns oder dem Kölner Dom, mal ganz modern, z. B. mit Zügen, Autos oder Computern, und mit den verschiedensten Sprüchen. Mittlerweile gibt es eine ganze kleine Industrie, die sich um die immer zahlreicher werdenen Orden kümmert. Eine dieser Produktionsstätten liegt im Norden von Köln: Die große Karnevalsorden-Fertigungshalle von Ewald Kappes.

Karnevals-Orden am Fließband

Einen Karnevals-Orden herzustellen, das hat mittlerweile viel mit High-Tech zu tun. Teure Maschinen schneiden die Orden aus und behandeln sie weiter. Handarbeit gibt es danach auch heute noch - zum Beispiel werden viele Orden noch per Hand bemalt. Aber so viele Mitarbeiter wie früher werden nicht mehr gebraucht. In der kleinen Fabrik wird alles automatisch vergoldet, versilbert, verkupfert, vernickelt, das Material wird gereinigt und getrocknet. Der Industriezweig ist mittlerweile ein etabliertes und ernsthaftes Geschäftsmodell. Dabei weiß Ewald Kappes, dass eigentlich alles mit Spaß anfing vor hunderten von Jahren:

Die "Ordensschmiede" Kappes in Köln (Foto: DW, Klaus Jansen)
Die "Ordensschmiede" Kappes in KölnBild: DW/Jansen
Viele Orden werden noch per Hand bemalt (Foto: DW, Klaus Jansen)
Viele Orden werden noch per Hand bemaltBild: DW/Jansen

"Die ersten Orden waren eine Persiflage"

"Als die Kirche und die Fürsten regierten, wollte der kleine Bauer natürlich auch mal sagen: Ich spiele jetzt Fürst. Aus dem Fürst wurde der "Held Karneval", der natürlich auch seine Orden hatte, genau so wie der Fürst für seine Knechtschaften. Und so wurden zur Persiflage die ersten Orden gemacht." Aus dem Spaß von einst ist längst Ernst geworden: Um heutzutage Karnevals-Prinz zu sein, braucht man richtig viel Geld. Denn auch die Karnevalsorden sind längst mehr als nur spaßige Anhängsel.

Ohne Eitelkeit würde es keine Orden geben, meint Kappes: "Unter dem Motto: Ich habe ihn, du nicht. Früher wurden sie verliehen, an Gäste oder an Mitglieder, die ehrenamtlich gearbeitet haben. Die kriegen heute auch noch ihren Orden, und zwar geschenkt. Aber darüber hinaus werden Orden heute angeboten zum Kaufen. Und damit finanzieren sich heute die Karnevalsgesellschaften."

Fanartikel und Werbung

Auch der so begehrte Karnevalsorden ist mittlerweile angekommen in der Welt der Werbung und der Fanartikel. So wie Fußballfans sich das Trikot oder einen Schal ihrer Mannschaft kaufen, so kaufen sich Karnevalsfans den Orden ihrer Gesellschaft. Und wer sich keinen kauft, der bekommt ihn heutzutage nicht mehr verliehen, sondern geschenkt, sagt Kappes: "So gibt es eine Telefonfirma in Köln, die eine große Sitzung macht, zu der man aber keine Karten kaufen kann. Denn es werden nur Kunden eingeladen, jeder bekommt einen Orden und kann kostenlos essen und trinken: eine riesige Werbeveranstaltung mit Orden."

Ewald Kappes in der Fertigungshalle für seine Karnevalsorden (Foto: DW, Klaus Jansen)
Ewald Kappes in der FertigungshalleBild: DW/Jansen

Hohe Erwartungshaltung aus dem Ausland

Nur noch wenige Karnevalsorden werden in Köln heute wirklich verliehen, um die Person, die den Orden bekommt, zu ehren. Vielmehr ist der Karnevalsorden in bestimmten Kreisen einfach zur Pflicht geworden, und in einer Karnevals-Session dort einmal keinen Orden anzubieten, das kann sich kaum jemand erlauben. Auch der Kölner Oberbürgermeister muss einen Orden herausgeben, denn er empfängt zum Karneval Gäste aus der ganzen Welt. Und selbst die erwarten mittlerweile einfach, einen Orden zu bekommen.

Die Orden werden nach Kundenwunsch gezeichnet (Foto: DW, Klaus Jansen)
Die Orden werden nach Kundenwunsch gezeichnetBild: DW/Jansen

"Herren- und Damen-Orden - ein doppeltes Geschäft"

Für Ewald Kappes läuft das Geschäft so zumindest gut. Das ganze Jahr über stellt er Orden her: für Schützenvereine, die Feuerwehr oder die Bahn. Das größte Geschäft macht er aber mit den Karnevalsorden. Schon jetzt läuft die Produktion für 2011 an, diesmal mit einem immer stärker werdenden Trend: dem Damenorden. Aber wer dahinter nur einen Beitrag zur Gleichberechtigung vermutet, sollte auch den Geschäftssinn von Ewald Kappes berücksichtigen:

"Früher gab es nur den großen Orden für den Herren, für die Frauen gab es nichts. Heute hat man sehr viele Damenorden, die mit dem Vereinslogo bestückt sind, aber auch mehr in Richtung Schmuck gehen. Einen für den Herren, und einen für die Dame, das ist ja auch ein doppeltes Geschäft, man kann zwei Teile verkaufen."


Autor: Klaus Jansen
Redaktion: Hartmut Lüning