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Rechte Verlage in Leipzig erlauben?

16. März 2018

Für Bestsellerautor Uwe Tellkamp, der rechtspopulistische Positionen vertritt, hat der Karikaturist Burkhard Fritsche wenig Verständnis. Doch im Streit um rechte Verlage auf der Leipziger Buchmesse rät er zu Toleranz.

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Ausschnitt aus der historischen Satirezeitschrift "Simplicissimus"
Ausschnitt aus der historischen Satirezeitschrift "Simplicissimus"Bild: gemeinfrei/Ausschnitt

Immer häufiger hat Burkhard Fritsche mit dem wachsenden Rechtspopulismus zu tun - als Motiv für seine beißend satirischen Karikaturen. Fritsche zeichnete für wichtige Satireblätter, auch für die deutsche Ausgabe von "Charlie Hebdo". Er veröffentlichte in sämtlichen überregionalen Zeitungen und brachte mehrere Bücher heraus. Derzeit zeichnet der mehrfach ausgezeichnete Karikaturist für die Tageszeitung "taz".

Auch mit Pegida hat er sich beschäftigt, den "Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes", einer rechtspopulistischen Bewegung, die seit 2014 vor allem in Dresden gegen die deutsche Einwanderungs- und Asylpolitik demonstriert.

Mit der Auseinandersetzung, wie viel (auch randständige) Meinung die Öffentlichkeit verträgt, beschäftigt sich Fritsche als Karikaturist beruflich. In der zur Leipziger Buchmesse in Deutschland heiß diskutierten Frage, ob Verlage, die rechtes Gedankengut publizieren, auf einer Buchmesse ausstellen dürfen, hat er deswegen eine klare Meinung.

Deutsche Welle: Herr Fritsche, wer darf in Leipzig rein, wer muss draußen bleiben?

Der Kölner Karikaturist Burkhard Fritsche vor einem Ausstellungsplakat
Burkhard FritscheBild: Basak Demir

Burkhard Fritsche: Im Prinzip müssen sie alle drinbleiben können. Da lässt sich nichts sortieren, auch wenn es schwer fällt: Die Toleranz verlangt einfach, dass die, die man nicht mag, auch teilnehmen können. Es ist immer schon so gewesen, dass bei Buchmessen ganz komische Verlage waren - nicht nur ausgesprochen rechte, auch esoterische Verlage, alles mögliche. Nur standen die nicht so im Blickpunkt.

Andersdenkende zulassen

Pegida geht mir fürchterlich auf den Nerv. Es versetzt mir einen Stich, wenn ich mitkriege, wie sie auftreten und wer da auftritt. Aber selbst wenn ich die Möglichkeit hätte - ich würde es nicht verbieten. Man muss das zulassen.

Es geht da um Meinungsfreiheit, um Meinungsvielfalt, auch um die Grenzen der Toleranz. Wo verläuft diese Grenze?

Die ist ganz schwer zu finden. Bei uns in Deutschland stößt die Meinungsfreiheit an gesetzliche Grenzen, etwa wenn man den Holocaust leugnet. Deswegen ist das als Gesetz formuliert worden - um die Opfer nicht ein zweites Mal zu verhöhnen. Das entspricht auch dem, was ich moralisch als Grenze setzen würde. Ansonsten muss alles möglich sein.

Als Karikaturist bin ich ja selbst ein permanenter Grenzverletzer. Ich arbeite in einem Genre, das ich als 'Kunstform der Beschimpfung' bezeichnen würde. Es geht um Überzeichnen, um Spöttereien, um eine intelligente Form von Beleidigung. Und von daher kann es nicht mein Interesse sein, dass enge Grenzen gezogen werden.

Rechtsradikalismus als "Ersatzideologie"

Wer nicht dem Meinungs-Mainstream folgt, wird in Deutschland schnell in die rechte Ecke gestellt, klagt der Bestsellerautor Uwe Tellkamp. Hat er Recht?

Ich vermute, dass er sowieso in der rechten Ecke steht - nach allem, was ich von ihm über Flüchtlinge gehört habe - pauschalisierende Urteile über Geflüchtete und über Moslems. Er wird in diese Ecke nicht reingestellt. Er platziert sich da selbst. Von daher muss er sich nicht beklagen. Auch die Pegida-Leute sagen immer: 'Das muss man ja mal sagen dürfen!' - nachdem sie es unentwegt gesagt oder rauskrakeelt haben. Die sagen das und beschweren sich gleichzeig, dass sie nicht reden dürften. Das ist ein Widerspruch. Das ist völliger Quatsch! 

Die Niederlage im Ersten Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise haben viele Deutsche in die Arme der Nazis getrieben. Was macht die Menschen heute anfällig für rechte Gesinnung?

Karikatur "Die gute Presse" von 1847
"Die gute Presse" - eine Karikatur aus unbekannter Feder kritisierte 1847, wie sich die Presse der Zensur beugtBild: Gemeinfrei

Das sind unterschiedliche Dimensionen. Heute haben wir hier eine wohlhabende Gesellschaft. Mit der Weimarer Republik, in der es viel Elend und Hunger gab, lässt sich das nicht vergleichen. Wir haben auch keine großen Vertreibungen hinter uns. Es hat nur den Zusammenbruch der DDR gegeben. Und ich denke, dass da einige Leute noch nicht in der neuen Zeit angekommen sind und sich deshalb bedroht fühlen.

So ein paar Rest-Rechtsradikale hat es immer gegeben. Rechtsradikalismus ist eine Ersatzideologie. Was das Leben diesen Leuten nicht gebracht hat - ein Gefühl von Stärke und Größe - das versuchen sie mit Nationalismus zu kompensieren. Außerdem ist das ein schönes Feld, um über andere Leute herzuziehen und sich über sie zu stellen. Das sind die schäbigeren Eigenschaften des menschlichen Charakters.

Sie arbeiten als Karikaturist für die Tageszeitung "taz". Waren da die Rechten schon einmal ein Thema für Sie?

Ja, ganz oft: die Auseinandersetzung mit Rechtsradikalismus und Pegida. Es hätte aktuell auch das Thema Leipziger Buchmesse sein können, weil die Diskussion ja noch brandaktuell ist.

Der Karikaturist Burkhard Fritsche, Jahrgang 1952, lebt in Köln. Das Gespräch mit ihm führte Stefan Dege.