Merkel enttäuscht von Hoeneß
21. April 2013"Viele Menschen in Deutschland sind jetzt enttäuscht von Uli Hoeneß, die Kanzlerin zählt auch dazu", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin zur Steuer-Affäre des Präsidenten des FC Bayern. Die Enttäuschung sei umso größer, weil Uli Hoeneß auch für vieles Positive stehe. So engagiere er sich für das große gesellschaftliche Anliegen der Integration, sagte Seibert: "Diese Verdienste bleiben natürlich, aber es ist jetzt durch die Selbstanzeige wegen Steuerbetruges eine andere, traurige Facette hinzugekommen."
Uli Hoeneß und Kanzlerin Merkel waren zuletzt im vergangenen Jahr zusammengetroffen, als Merkel Schirmherrin der Aktion "Geh Deinen Weg" war, mit der an einem Bundesliga-Spieltag für Integration geworben wurde. Die Veranstaltung war von Hoeneß und dem FC Bayern gefördert worden.
Die Oppositionsparteien sehen in der Schwarzgeld-Affäre von Uli Hoeneß, dem Präsidenten des deutschen Rekord-Fußballmeisters Bayern München, eine Bestätigung für ihre Ablehnung des von der Bundesregierung ausgehandelten Steuerabkommens mit der Schweiz. "Es zeigt sich, worum es CDU/CSU beim Steuerabkommen mit der Schweiz ging, nämlich Steuerbetrüger sozusagen zu schützen", sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel im Zweiten Deutschen Fernsehen. Der Grünen-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Jürgen Trittin, sprach von einem "Geldwaschabkommen".
Das Abkommen war Ende 2012 an der Mehrheit der von SPD und Grünen geführten Länder im Bundesrat gescheitert. Es hatte vorgesehen, Schwarzgelder deutscher Anleger in der Schweiz zugunsten des deutschen Fiskus zehn Jahre rückwirkend mit einem Satz zwischen 21 und 41 Prozent zu versteuern. Die Steuerflüchtlinge wären dabei anonym und straffrei geblieben. SPD und Grüne hatten das Vorhaben mit der Begründung gestoppt, es legalisiere Steuerbetrug im Nachhinein.
Selbstanzeige von Hoeneß
Hoeneß hatte im Januar bei der Staatsanwaltschaft in München eine sogenannte Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung erstattet und dies mit dem Scheitern des Steuerabkommens begründet. Laut dem Magazin "Focus" sagte der Manager, zunächst habe er die Angelegenheit über das Abkommen regeln wollen, das "dann bekanntlich ... nicht zustande gekommen" sei. Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen Hoeneß eingeleitet. Geprüft werde die Wirksamkeit und Vollständigkeit der Selbstanzeige, teilte Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich mit. Selbstanzeigen eröffnen Steuerhinterziehern grundsätzlich die Möglichkeit, nachträglich Strafminderung oder gar Straffreiheit zu erlangen, wenn dies den Finanzbehörden verborgene Steuerquellen erschließt.
Über den Umfang der Hoeneß-Gelder in der Schweiz gibt es nur Spekulationen. Die Münchner Boulevardzeitung AZ berichtete über "mehrere Hundert Millionen Euro". Nach Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" hat Hoeneß seit mehr als zehn Jahren versteuertes Geld in Millionenhöhe bei einer in Zürich ansässigen Bank liegen. Anscheinend, schreibt die SZ, habe er dem deutschen Fiskus nicht die anfallende Kapitalertragsteuer gezahlt.
Bayern-Präsident will der frühere Nationalspieler bleiben: Hoeneß sagte "Sport Bild Plus": "An einen Rücktritt als Aufsichtsratsvorsitzender bei Bayern München denke ich nicht." Da der Chef des Gremiums der Aktiengesellschaft stets auch Präsident des eingetragenen Vereins ist, gilt diese Aussage für beide Ämter. Hoeneß kündigte zudem seinen Besuch des Halbfinal-Hinspiels in der Champions League am Dienstag in München an. "Gegen Barcelona bin ich auch wieder im Stadion", sagte er. Seit seinem Rückzug vom Manager-Posten und seiner Wahl zum Bayern-Präsidenten 2009 hatte Hoeneß sein Engagement auf politischem und sozialem Gebiet verstärkt. Der Bayern-Boss, der im "Nebenberuf" eine Wurstfabrik besitzt, ist für seine großzügigen Spenden für humanitäre und soziale Zwecke bekannt. In Fernseh-Talkshows hatte er sich auch zu Steuerfragen geäußert und etwa eine Reichensteuer abgelehnt.
Unterdessen hat Hoeneß mit juristischen Schritten gegen Medien gedroht. "Gegen die Exzesse in einigen Berichterstattungen werde ich mich anwaltschaftlich zur Wehr setzen", sagte Hoeneß im "Münchner Merkur" vom Montag. Er wies zudem darauf hin, dass er vorerst nichts zum schwebenden Verfahren sagen könne. "Ich werde einige Wochen ins Land ziehen lassen, ehe ich mich äußere."
wl/beg/as (dpa, sid)