Kämpfe trotz Friedensbemühungen
27. August 2014Ungeachtet diplomatischer Friedensbemühungen sickern nach Darstellung der Regierung in Kiew weiter russische Soldaten in die Ostukraine ein. Ein Militärsprecher sagte, eine Gruppe russischer Soldaten habe in gepanzerten Truppentransportern und Lastwagen die Grenze überquert. Die Männer seien in die Stadt Amwrosijiwka gefahren. Weiter im Norden tötete die ukrainische Armee in den Orten Horliwka und Ilowaysk rund 200 Separatisten und vernichteten Panzer und Raketensysteme. In den Kämpfen seien innerhalb der letzten 24 Stunden 13 ukrainische Soldaten getötet und 36 verletzt worden. Eine unabhängige Bestätigung der Angaben gab es nicht.
Ukrainische Regierung führt Gefangene vor
Am Dienstag hatten ukrainische Sicherheitskräfte nach eigenen Angaben zehn russische Fallschirmjäger festgenommen. Bei einer "Pressekonferenz" führte die Regierung festgenommene russische Soldaten vor. Sichtlich eingeschüchtert sagte einer der Gefangenen: "Wir sind uns bewusst, dass alles in Wirklichkeit nicht so ist, wie es das russische Fernsehen zeigt." Ihm sei nun erklärt worden, dass die Ukraine von russischem Boden aus beschossen werde. "Wenn tatsächlich die russischen Streitkräfte schießen, dann kann ich nur um eines bitten: Jungs, das ist nicht nötig. Diesen Krieg brauchen wir nicht", appellierte der russische Soldat, wie das Internetportal Ukrainskaja Prawda berichtete.
Grenzverletzungen ein "Unding"
Die Bundesregierung drängte Russland erneut, Waffenlieferungen an die prorussischen Separatisten zu stoppen. Der Strom von Waffen und Kämpfern über die Grenze sei ein "Unding, ein schlimmer Zustand, der zur permanenten Eskalation beiträgt", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Es ist überfällig, dass diese Grenze endlich geschützt wird, dass jede Art von militärischer Unterstützung der Separatisten über diese Grenze eingestellt wird."
Seibert sagte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe am Mittwoch erneut am Telefon mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko über den Konflikt beraten. Es bestehe Einigkeit zwischen den beiden Politikern, "dass ein wirksamer beidseitiger Waffenstillstand voraussetzt, dass auch Russland seinen Beitrag zur Deeskalation leistet und dass eine Vereinbarung zur Grenzsicherung abgeschlossen wird".
"Harte" und "komplizierte" Gespräche
Zum ersten Mal seit Juni hatten die Präsidenten Russlands und der Ukraine, Wladimir Putin und Petro Poroschenko, am Dienstag in Minsk direkte Gespräche über die Krise geführt. Poroschenko kündigte nach dem zweistündigen Vier-Augen-Gespräch einen Fahrplan für eine Waffenruhe im Osten des Landes. Ziel sei es, diese so schnell wie möglich zu erreichen, erklärte Poroschenko. Die Feuerpause müsse von beiden Seiten eingehalten werden. Er beschrieb das erste direkte Aufeinandertreffen mit Putin seit Juni als "sehr hart und kompliziert".
Putin sagte, die Verhandlungen über eine Waffenruhe mit den Separatisten sei Sache der Ukraine. Sobald der Friedensprozess beginne, werde Russland ihn unterstützen. Putin und Poroschenko vereinbarten zudem ein baldiges Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe. Das Gesprächsforum mit Vertretern Russlands, der Ukraine, der Aufständischen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) könnte schon am Mittwoch in Minsk zusammenkommen.
Erneuter Hilfskonvoi
Nach Angaben des Kreml einigten sich die beiden Staatschefs auch auf einen erneuten russischen Hilfskonvoi für die Ostukraine. Die Hilfslieferungen sollen unter Obhut des Internationalen Roten Kreuzes und in Kooperation mit Kiew in den Osten des Landes geschickt werden, wie Kreml-Sprecher Dmitri Peskow mitteilte. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte am Montag angekündigt, Moskau werde einen zweiten Konvoi mit Hilfsgütern "in dieser Woche" in das Nachbarland schicken.
Wegen des Konflikts wächst die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine. Im Januar verzeichnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch 18 Asylanträge von Ukrainern in Deutschland, im Juli waren es bereits 202. Insgesamt stellten nach Angaben der Nürnberger Behörde in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 589 Menschen aus der Ukraine einen solchen Antrag.
cr/kle (dpa, afp, rtr)