Jürgen Prochnow wird 80
9. Juni 2021Als Jürgen Prochnow im vergangenen Jahr gefragt wurde, wie er seinen 80. Geburtstag feiern würde, da reagierte er noch verhalten. Er war sich sicher, dass auch 2021 große Feiern wegen der Corona-Pandemie nicht würden stattfinden können. Und er hat Recht behalten: In den letzten Wochen sind die Corona-Zahlen in Deutschland zwar gesunken, aber größere Events sind auch im privaten Kreis nicht erlaubt. Dafür erinnern die Medien im ganzen Land an Prochnows große Filmerfolge und würdigen einen deutschen Star, der auch in Hollywood Fuß fasste.
Mit dem Film "Das Boot" wurde der Berliner Schauspieler 1981 ein Weltstar, das war seine Eintrittskarte nach Hollywood. Den meisten Zuschauern wird er als "Der Alte" in bester Erinnerung sein. "Der Alte", so wird der Kapitänleutnant von der treuen Besatzung des deutschen Unterseeboots "U 96" genannt. Von der französischen Atlantikküste läuft es 1941 zum gefährlichen Kriegseinsatz aus. Ein Film, ein Mann, eine Rolle - das hat sich eingeprägt in das Gedächtnis des Publikums.
Jürgen Prochnow, geboren am 10. Juni 1941 in Berlin, gab der Rolle des harten, aber sympathischen U-Boot-Kommandanten in Wolfgang Petersens "Das Boot" menschliche Züge. Ein Welterfolg, der inzwischen als Serie neu verfilmt wurde.
Mit "Das Boot" auf der Erfolgswelle
Nicht nur dem "anständigen Deutschen" vom Unterseeboot "U 96", sondern auch dem Regisseur Wolfgang Petersen öffneten sich nach dem deutschen Erfolg die Türen nach Hollywood. Petersen ging in die USA, Prochnow folgte ihm. Die beiden hatten in den 1970er-Jahren bereits einige Filme zusammen gedreht. Nicht alles glückte dem charismatischen Mimen Prochnow in Hollywood, neben einigen schönen Filmerfolgen waren auch viele Routineproduktionen dabei - die ganz große Karriere sollte es nicht werden in den USA.
Für ein einträgliches Einkommen war gesorgt und immerhin spielte der Mann mit dem deutschen Akzent auch für Regisseure wie David Lynch, Anthony Minghella, John Frankenheimer und Michael Mann. Zwischendurch arbeitete der Vielbeschäftigte auch immer wieder in der Heimat, drehte fürs Fernsehen und fürs Kino. Der große Erfolg des "Boots" und der Sprung nach Hollywood haben ein wenig verdeckt, was Prochnow schon früher, zu Beginn seiner Karriere, gelungen war.
Skandalerfolg "Die Konsequenz"
Mit seinem markanten, narbigen Gesicht gehörte er in den 1970er-Jahren zu den aufregendsten Vertretern des "Neuen Deutschen Films", spielte für Regisseure wie Rainer Werner Fassbinder, Reinhard Hauff und Volker Schlöndorff eindringliche Rollen. Und sein Mitwirken im frühen Wolfgang-Petersen-Film "Die Konsequenz" 1977 war mitverantwortlich für eine markante Episode deutscher Film- und Fernsehgeschichte: "Die Konsequenz" stieß eine breite Diskussion um Homosexualität und Öffentlichkeit an.
Noch heute ist man erstaunt, wenn man einen von Prochnows frühen Filmen wiedersieht: Da blickt einem ein junger Mann entgegen, der eine Mischung aus Härte und Brutalität ausstrahlt, der aber gleichzeitig auch ungeheuer sensibel und verletzlich scheint.
In Hollywood einer der erfolgreichsten Deutschen
In den USA spielte Prochnow als Waffenhändler mit in "Beverly Hills Cop II" oder den gefangenen russischen Diktator in "Air Force One". Den korrupten Richter gab er in "Judge Dredd", einen brutalen Nazi-Offizier in "Der englische Patient". Auch vor dem Horrorgenre scheute er nicht zurück in dem Film "Die unheimliche Macht" von Michael Mann.
Über 20 Jahre lebte Prochnow in den USA und verkörperte die Rolle des Bösewichts. In Deutschland trat er 2006 wieder in Erscheinung, in der Satire "Schröders wunderbare Welt" von Michael Schorr. Als US-Investor für das Tropenparadies "Lagunenzauber" konnte er auch seine komischen Seiten zeigen. Als Theaterschauspieler war er gewöhnt in verschiedene Rollen zu schlüpfen, was aber in den USA nicht in dem Maße abgefragt wurde.
Jürgen Prochnow: Mit fast 80 noch vor der Kamera
2020 spielte Jürgen Prochnow die Rolle des Wilhelm Schürmann, der vor seinem 75. Geburtstag flieht und noch einmal eine große Reise antritt im Fernsehfilm "Der Alte und die Nervensäge" von Uljana Havemann. Die Nervensäge ist ein Ausreißer, ein Jugendlicher, der sich ihm unfreiwillig anschließt und natürlich alle Reisepläne durcheinanderwirbelt.
Der letzte Kinofilm von Jürgen Prochnow heißt "Eine Handvoll Wasser" (2019). Prochnow ist ein mürrischer Alter, der ein kleines jemenitisches Mädchen vor der Abschiebung rettet, indem er sie am Ende illegal in einem Flugzeug zu ihrem Onkel nach London schickt. Eine Paraderolle für den Mann mit dem Pokerface und dem stechenden Blick.
Mit diesem Gesicht und diesem Blick wird er, selbst wenn er sich nun mit 80 zur Ruhe setzen würde, auch international im Gedächtnis bleiben, als einer der wenigen deutschsprachigen Schauspieler, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Hollywood ihre Spuren hinterlassen konnten.
Dieser Inhalt wurde aktualisiert und erstmals 2016 veröffentlicht.